Der dritte Tod einer Lauda-Airline
Luftfahrt. Die Gewerkschaft ging auf das von der Laudamotion-Mutter Ryanair ausgesprochene Ultimatum nicht ein. Am 29. Mai soll Laudamotion nun schließen. Damit endet auch ein Kapitel österreichischer Luftfahrtgeschichte.
Wien. Das Datum mutet wie eine bittere Ironie des Schicksals an: Am vergangenen Mittwoch jährte sich zum ersten Mal der Tod von Niki Lauda. Der dreifache Formel-1-Weltmeister war am 20. Mai 2019 in einem Zürcher Krankenhaus seiner schweren Krankheit erlegen. Die Monate zuvor hatten den 70-Jährigen durch eine Lungentransplantation und eine Influenza-Infektion bereits stark geschwächt.
Genau ein Jahr und einen Tag später, am 21. Mai 2020, lief nun das Ultimatum der irischen Billigairline Ryanair für ihre nach Lauda benannte heimische Tochter Laudamotion ab. Sollte bis dahin die Gewerkschaft Vida nicht einem neuen Kollektivvertrag mit drastischen Einsparungen zustimmen, werde man die Airbus-Basis in Wien zusperren, so die Drohung von Ryanair-Chef Michael O’Leary. Und das bedeutet de facto eine Schließung des Unternehmens.
Am Freitag wurde das für die rund 300 betroffenen Mitarbeiter nun zur tragischen Gewissheit. „Lauda bedauert zutiefst den Verlust von mehr als 300 Arbeitsplätzen für die A320-Besatzungen und die Schließung von Laudas A320-Basis in Wien am kommenden Freitag, dem 29. Mai“, teilte Österreichs zweitgrößte Fluglinie mit. Von Vida wurde zuvor bereits erklärt, dass man die Linie nicht ändern und den neuen Kollektivvertrag nicht unterzeichnen könne. Das hätte bedeutet, der „Erpressung“von Ryanair nachzugeben und Löhne zu akzeptieren, die zur Einführung von „WorkingPoor“in Österreich beitragen würden. Auch ein offener Brief der Laudamotion-Mitarbeiter, laut dem 70 Prozent der Flugbegleiter und 95 Prozent der Piloten für die schlechteren Verträge waren, hat daran nichts geändert.
Laudas zweite Leidenschaft
Es ist dies das dritte Ende einer von Lauda gegründeten Fluggesellschaft und der Abschluss eines Kapitels der österreichischen Luftfahrtgeschichte. Begonnen hatte alles im Jahr 1979. Nachdem Niki Lauda der Formel 1 zwischenzeitlich den Rücken gekehrt hatte, nahm er sich seiner zweiten großen Leidenschaft, des Fliegens, an und gründete die Lauda Air. Das Unternehmen fungierte in den ersten Jahren als reine Bedarfsfluggesellschaft und verfügte nur über zwei Flugzeuge. Auch aufgrund des Drucks der AUA, die keine zweite Fluggesellschaft in Österreich neben sich dulden wollte, wurde das Unternehmen jedoch nicht profitabel. 1983 wurde der Flugbetrieb daher eingestellt, Lauda kehrte in die Formel 1 zurück und wurde neuerlich Weltmeister.
Doch schon kurz danach – 1985 – war seine aktive Rennfahrerzeit endgültig vorbei und die Lauda Air nahm ihren Betrieb wieder auf. Und diesmal gelang es, ein weltweites Netzwerk aufzuspannen. Vor allem die Flüge in Fernreiseziele wie Thailand, die in den späten 1980er-Jahren erstmals populär wurden, brachten der Lauda Air Erfolge. Allerdings auch den „schlimmsten Tag seines Lebens“, wie Lauda später immer sagte. Am 26. Mai 1991 stürzte die Mozart mit 223 Passagieren an Bord kurz nach dem Abheben in Bangkok ab. Bis heute das schwerste Luftfahrtunglück Österreichs.
Nichtsdestotrotz expandierte das Unternehmen weiter und flog in den 1990er-Jahren Ziele in den USA, Asien und Australien an. Allerdings war das nicht immer profitabel. Und so wurde zuerst eine Kooperation mit der Lufthansa und ab 1997 auch mit der AUA begonnen. Der ewige Konkurrent war nun sogar zu einem Drittel an der Lauda Air beteiligt. Was vom AUA-Management zuerst als Coup gedacht war, wurde für die damals noch staatliche Fluglinie zu einem finanziellen Bumerang. Denn nach den Anschlägen vom 11. September verschlechterte sich die Situation für Fluglinien weltweit drastisch – auch für die Lauda Air. Und auf Druck der Politik musste die AUA die angeschlagene Lauda Air schließlich vollständig schlucken, was ihr nachhaltige Verdauungsprobleme bescherte. Gewonnen hat bei dem Deal einst nur einer: Niki Lauda.
Die erste Lauda-Fluglinie beendete somit ihr Dasein, auch wenn die Marke Lauda Air noch bis 2013 weitergeführt wurde. Doch nur kurze Zeit später war Lauda wieder als Luftfahrtunternehmer da: 2003 gründete er seine Fluggesellschaft Niki. Hieß es bei Lauda Air noch „Service is our success“, setzte man bei Niki voll auf das Billigfliegermodell, das Anfang der Nullerjahre gerade populär wurde. Auch hier gab es anfangs eine kräftige Expansion, für die erneut Hilfe aus Deutschland geholt wurde. Diesmal in Form von Air Berlin.
Und erneut trennte sich Lauda über die Jahre sukzessive – mit Gewinn – von seinen Anteilen, sodass Niki 2012 eine vollständige Tochter von Air Berlin wurde. Sentimentalität verspürte Lauda dabei nicht, wie er 2013 in einem Interview mit der „Presse“meinte: „Ich habe die beiden Firmen aufgebaut und dann selbst die Entscheidung getroffen, sie zu verkaufen. Ich verkaufe dann, wenn ich glaube, dass ich für mein Produkt den höchsten Wert erzielen kann.“
„Österreichische Lösung“
Aber auch für Niki war die Zukunft nicht rosig. Air Berlin wurde im Kampf der europäischen Billigfluglinien zerrieben und musste 2017 Insolvenz anmelden. Die österreichische Tochter Niki wurde verkauft. Zuerst gab es großes Interesse der Lufthansa – nach einem Veto der EU-Kommission zog diese jedoch ihr Angebot wieder zurück. Dann erhielt die British Airways-Mutter IAG den Zuschlag der deutschen Insolvenzverwalter. Allerdings wurde in der Folge einer Klage aus Österreich stattgegeben, wonach das Verfahren hierzulande erfolgen müsse – und der Verkauf somit neuerlich gestartet.
Erneut stand IAG am Start, gemeinsam mit Ryanair und: Niki Lauda. Nach einem kurzen Bieterwettstreit erhielt Letzterer den Zuschlag. Man habe sich für eine „österreichische Lösung“entschieden, frohlockte der damalige Verkehrsminister Norbert Hofer noch. Das Unternehmen startete als Laudamotion neu – das österreichische an der Lösung ging jedoch schon bald verloren. Nach wenigen Tagen erfolgte der Minderheitseinstieg von Ryanair, ein halbes Jahr später dann die Komplettübernahme. Diesmal dürfte jedoch nicht nur das Geld, sondern auch die Gesundheit von Lauda dabei eine Rolle gespielt haben.
Zuerst funktionierte das Zusammenspiel von irischer Billigfluglinie und österreichischer Sozialpartnerschaft noch – so wurde im Sommer 2018 sogar ein Kollektivvertrag erstellt. Aber schon ein Jahr später erklärte O’Leary, dass dieser zu teuer sei. Die aktuelle Coronakrise führte zum jetzigen Ultimatum. Und nun zum dritten Ende einer von Niki Lauda gegründeten Fluglinie.