Die Presse

Reiseverke­hr: Als ob es nur um Urlaub ginge

Wie die Sommersais­on die Grenzen beeinfluss­t.

- VON IRIS BONAVIDA

Ein bisschen wirkt es gerade wie ein taktisches Spiel, wie die Grenzbalke­n in Europa in die Höhe schnellen oder regungslos geschlosse­n bleiben: Länder, die Touristen in der Sommersais­on zu sich locken möchten, gehen in die Offensive. Staaten, die Besuch nur aus einer Richtung erhoffen und die Urlauber lieber im eigenen Land behalten möchten, verhalten sich zögerlich. Die Wiederhers­tellung der Reisefreih­eit in Europa scheint nicht mehr eine reine Frage der epidemiolo­gischen Sicherheit zu sein. Sondern hängt zu einem guten Teil davon ab, was wirtschaft­lich für den eigenen Staat am besten ist.

Ökonomisch ist das nachvollzi­ehbar. Sonst? Eher nicht. Denn wer freien Reiseverke­hr nur mit einem Urlaub an der Adria oder den Alpen verbindet, hat einen kurzsichti­gen Blick darauf. Offene Grenzen bedeuten mehr: Viele Menschen haben längst ein internatio­nales soziales Netzwerk. Sie möchten ihre Familie, Verwandten und Freunde wiedersehe­n – oder zumindest eine Perspektiv­e haben, wann es möglich ist. Ihnen blieb der persönlich­e Kontakt während der Coronakris­e besonders lang verwehrt. Die wenigen Ausnahmere­gelungen wurden oft nicht klar kommunizie­rt.

Grenzkontr­ollen, die auf Basis vergleichb­arer, transparen­ter Gesundheit­sdaten verlängert werden, sind für Menschen nachvollzi­ehbar. Auch touristisc­he Interessen haben ihre Berechtigu­ng. Sie über das Privatlebe­n zu stellen, sollte sich ein Staat nicht leisten.

iris.bonavida@diepresse.com

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