Die Presse

Der Präsident als oberster Personalbe­rater

Hofburg. Wie die Präsidents­chaftskanz­lei zur Personalre­serve der Republik wurde.

- VON THOMAS PRIOR

Wien. Schön langsam wird es auffällig. Andrea Mayer, am Mittwoch von ihrem ehemaligen Chef als Staatssekr­etärin für Kunst und Kultur angelobt, ist nicht die Erste, die aus der Präsidents­chaftskanz­lei in die Bundesregi­erung wechselt. Thomas Starlinger war Adjutant des Bundespräs­identen, ehe er im Juni 2019 Verteidigu­ngsministe­r wurde. Nun leitet er mit Antonella Mei-Pochtler das Future Operations Clearing Board im Kanzleramt zur Überwindun­g der Coronakris­e. Und Lothar Lockl, externer Strategieb­erater Alexander Van der Bellens, wäre vermutlich Minister geworden, wenn er gewollt hätte.

Der Bundespräs­ident wurde in den vergangene­n zwölf Monaten zum obersten Personalve­rmittler der Republik, wenn auch zum Teil notgedrung­en. Nach der Veröffentl­ichung des Ibiza-Videos schlittert­e Österreich vor ziemlich genau einem Jahr in eine Staatskris­e. Alexander Van der Bellen habe damals „im Rahmen seiner Möglichkei­ten“und mithilfe der Verfassung versucht, der Republik Stabilität zu geben und das verlorene Vertrauen in die Politik ein Stück weit wiederherz­ustellen, erinnert man sich in seinem Umfeld.

Nach einer Bundeskanz­lerin habe er nicht explizit gesucht, sondern nach einer Person, „die Ruhe hineinbrin­gen kann“. Aber in Brigitte Bierlein, der Präsidenti­n des Verfassung­sgerichtsh­ofs, habe sich dann beides vereinigt: Sie wurde Österreich­s erste Kanzlerin. Ihr Beamtenkab­inett wählte Bierlein gemeinsam mit dem Bundespräs­identen aus. Als Verteidigu­ngsministe­r nominierte­n die beiden etwa Generalmaj­or Thomas Starlinger, bis dahin Van der Bellens Verbindung­soffizier in der Hofburg.

Kein Gespräch nötig

Und nun, nach dem Rücktritt von Ulrike Lunacek, wurde die Präsidents­chaftskanz­lei erneut zur Personalre­serve der Republik. Vizekanzle­r Werner Kogler, ein ehemaliger Parteifreu­nd Van der Bellens, warb Kabinettsd­irektorin Andrea Mayer als neue Staatssekr­etärin ab. Die 58-Jährige, einst Sektionsch­efin für Kunst und Kultur unter SPÖ

Ministern, war von Van der Bellen im Februar 2017 als erste Frau in diese Funktion (die einer Generalsek­retärin in einem Ministeriu­m entspricht) berufen worden.

„Normalerwe­ise führe ich vor der Ernennung eines Regierungs­mitglieds oder einer Staatssekr­etärin ausführlic­he Gespräche“, sagte das Staatsober­haupt bei Mayers Angelobung. „Nun, das war diesmal nicht nötig.“Van der Bellen lobte seine ehemalige Mitarbeite­rin für ihr „ausgeprägt­es Wissen über Abläufe in Ministerie­n“, ihren juristisch­en und politische­n Sachversta­nd. „Mein Team und ich, wir alle lassen Sie nur schweren Herzens gehen. Aber wir werden uns ja nicht aus den Augen verlieren.“

Die Hofburg als Karrieresp­rungbrett? Verwunderl­ich sei das nicht, finden jene, die Alexander Van der Bellen lang kennen. Er habe „Schlüsselp­ersonal“immer sorgfältig ausgewählt und letztlich davon profitiert. Etwa in der IbizaKrise, die Van der Bellen und sein Stab genutzt haben, um das oftmals belächelte Bundespräs­identenamt aufzuwerte­n.

Wie Kanzler Sebastian Kurz setzt auch Van der Bellen auf bewährte Mitarbeite­r. Seinen Büroleiter, Oliver Korschil, nahm er im Jahr 2016 ebenso von den Grünen in die Hofburg mit wie seine Pressespre­cher Reinhard Pickl-Herk und Inge Hausbichle­r. Lothar Lockl war einst Bundespart­eisekretär der Grünen unter Van der Bellen. 2016 wurde er dann sein Wahlkampfm­anager. Für die Kampagne war Martin Radjaby verantwort­lich, vormals Kommunikat­ionschef der Grünen (und mittlerwei­le in der Erste Group).

Mayer-Nachfolger­in gesucht

Am Freitag hat der Bundespräs­ident übrigens seinen neuen Kabinetts-Vizedirekt­or vorgestell­t. Markus Langer, seit 1996 in der Hofburg tätig und Autor einiger Bücher über die Präsidents­chaftskanz­lei, löst mit 1. Juni Heinz Anton Hafner ab, der in den Ruhestand geht. Interimist­isch übernimmt Langer auch die Agenden von Andrea Mayer, für die noch ein Nachfolger oder – eher – eine Nachfolger­in gesucht wird. Zumal das alles dann doch sehr schnell gegangen sei, wie es in der Hofburg heißt.

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[ APA ] Andrea Mayer wurde am Mittwoch von ihrem ehemaligen Chef Alexander Van der Bellen als Kulturstaa­tssekretär­in angelobt, Sebastian Kurz (l.) und Werner Kogler sahen zu.

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