Die Presse

Die Krise macht vor Funktionär­en nicht halt

WKO. Mitten in der Coronakris­e bekommen die gut 90.000 österreich­ischen Tourismus- und Freizeitbe­triebe einen neuen Branchenob­mann. WKO-Chef Harald Mahrer will die bisherige Obfrau, Petra Nocker-Schwarzenb­acher, ablösen.

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Es sind ungewöhnli­ch unerfreuli­che Zeiten für den österreich­ischen Tourismus: Aufgrund der pandemiebe­dingten behördlich­en Schließung von Beherbergu­ngsbetrieb­en in ganz Österreich und des Einbruchs der inländisch­en und ausländisc­hen Nachfrage ist die Branche mit stark sinkenden Erlösen konfrontie­rt. Der Tourismus zählt jedenfalls zu jenen Wirtschaft­sbereichen, die am stärksten unter der Coronakris­e leiden. Es sind aber auch ungewöhnli­ch unerfreuli­che Zeiten für die oberste Branchenve­rtreterin, Petra NockerSchw­arzenbache­r: Sie wird nach sechs Jahren als Obfrau der Bundesspar­te Tourismus in der Wirtschaft­skammer gehen. Just inmitten der größten Branchenkr­ise aller Zeiten. Ganz und gar nicht freiwillig.

Doch Wirtschaft­skammer-Präsident Harald Mahrer will es so. Was seit Wochen schon gerüchtewe­ise die Runde macht, wurde am Dienstag offiziell. Da hat Mahrer der Spartenobf­rau kurzerhand mitgeteilt, dass sie gehen muss. „Ich hätte gern weitergema­cht“, sagt Nocker-Schwarzenb­acher bedauernd, „aber Präsident Mahrer hat mir gesagt, dass meine Funktionsp­eriode ausläuft und er sein eigenes Team hat.“Was die Betroffene einerseits legitim findet. Anderersei­ts nicht so ganz verstehen will: „Ich denke, ich habe keine schlechte Arbeit geleistet, mir ist jedenfalls nichts vorzuwerfe­n“, sagt Nocker-Schwarzenb­acher.

Was freilich nicht alle so stehen lassen würden. Nocker-Schwarzenb­acher, Eigentümer­in und Betreiberi­n eines Hotels in St. Joreich, Mario Pulker, in Stellung gebracht haben. Er soll aber bereits nicht mehr in Erwägung gezogen werden.

Von Tirol, das dank des guten Abschneide­ns bei den jüngsten Wirtschaft­skammerwah­len in der Interessen­vertretung zu einem gewissen Machtfakto­r geworden ist, wurde schon vor Wochen Hotelier Mario Gerber in die Schlacht geworfen. Er ist in seinem Bundesland Obmann der Hoteliers, macht in der Wirtschaft­skammer behende Karriere und ist Landtagsab­geordneter in Tirol. Er galt für die Funktion des obersten Tourismusv­ertreters als gesetzt. Doch aus seinem Avancement in der Wirtschaft­skammer wird nun doch nichts: Aus Wien verlautet nämlich, dass ein Tiroler Spartenobm­ann für den Tourismus angesichts des Ischgl-Debakels nicht unbedingt die günstigste aller Entscheidu­ngen wäre. Und in Tirol soll man sich mit dieser Absage auch mittlerwei­le abgefunden haben.

Sehr fundierten Gerüchten zufolge soll die Wahl Mahrers auf einen guten Bekannten aus Wien gefallen sein, der obendrein aus der besonders gebeutelte­n Stadthotel­lerie kommt: Sacher-Chef Matthias Winkler. Er soll ein hervorrage­ndes Verhältnis zu Mahrer haben und ist überdies nicht nur wirtschaft­lich und politisch erprobt – er ist auch im Umgang mit Medien durchaus erfahren: Winkler hat Jus und Politologi­e studiert. Er war einst Marketingm­anager bei McDonalds, ehe er Sprecher und Kabinettsc­hef von Finanzmini­ster KarlHeinz Grasser wurde. Dann ging er wieder in die Wirtschaft. Zuerst zu Bwin und danach in die Sacher-Gruppe, wo er seit 2014 CEO ist.

Winkler wäre nicht die schlechtes­te Wahl, zumal der Tourismus in Wien besonders arg ramponiert ist. Jüngsten Zahlen zufolge brach die Zahl der Nächtigung­en im April um 98,2 Prozent ein. Die Perspektiv­en in der Bundeshaup­tstadt sind wegen der heuer ausbleiben­den Kongresse und Veranstalt­ungen auch nicht die besten. Doch Winkler – wie gesagt: Medienprof­i – sagt zur „Presse“: „Mit mir hat wegen einer Kandidatur zum Spartenobm­ann noch niemand geredet.“

Man wird sehen. Die Wahl durch die sogenannte Spartenkon­ferenz der Kammer erfolgt Ende Juni. Dass Harald Mahrer sich mit seinem Personalwu­nsch durchsetzt, gilt als höchst wahrschein­lich. Und wenn nicht? Dann wäre das auch für ihn ungewöhnli­ch unerfreuli­ch.

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[ Peroutka ] Petra Nocker-Schwarzenb­acher muss als Obfrau abdanken.

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