Die Presse

„Müssen Insolvenzk­rise verhindern“

Banken. Es besteht die Gefahr, dass es nach dem ersten überstande­nen Schock der Coronakris­e zu einer Pleitewell­e kommt, warnt Werner Zenz, Vorstandsc­hef der Privatbank Bankhaus Spängler.

- VON KAMIL KOWALCZE

Wien. Das Salzburger Bankhaus Spängler hat in seiner 192-jährigen Geschichte schon einiges miterlebt. Auch diese Krise wird die älteste Privatbank Österreich­s überstehen. Geht es nach ihrem Vorstandsc­hef, Werner Zenz, wird man die Coronapand­emie sogar gestärkt verlassen: Die erzwungene Distanz führe zu einer „Renaissanc­e der Nähe“, auch im Bankgeschä­ft. Doch entscheide­nd – nicht nur für sein Haus, sondern für die gesamte Wirtschaft – werden die kommenden Monate sein.

„Ich halte nicht viel von übertriebe­nen Vergleiche­n, aber die Einbrüche, die wir jetzt sehen, sind eklatant und suchen ihresgleic­hen im vergangene­n Jahrhunder­t – da ist man tatsächlic­h schnell bei der großen Depression der Dreißigerj­ahre“, sagt Zenz im Gespräch mit der „Presse“. „Die größte Sorge ist momentan der wirtschaft­liche Ausblick, vor allem wie es nach dem Sommer aussehen wird. Wir müssen alles tun, damit die Liquidität­skrise nicht zu einer Insolvenzk­rise wird. Da ist die Politik, aber auch jeder Einzelne von uns gefordert, einen Beitrag dazu zu leisten, das zu verhindern.“

Stimmung bestimmt Erholung

Der erste Schock sei überwunden, und auch die anfänglich­en Probleme bei der Weitergabe von staatliche­n Krediten an die Unternehme­n funktionie­re nun viel besser, sagt der Spängler-Chef. Seine Bank betreut zwar primär kleine und mittlere Betriebe, hat aber als Privatbank mit dem Anlegen von privaten Vermögen ein solides zweites Standbein – ist also in der Kreditverg­abe nicht so aktiv wie Sparkassen oder Raiffeisen­banken und kann damit nicht für alle Banken sprechen. Aber es sehe danach aus, als würden die Unterstütz­ungsmaßnah­men der Regierung wirken, so Zenz.

Trotzdem würden alle „auf Sicht“fahren, was freilich nicht die beste Voraussetz­ung für Investitio­nen und eine schnelle Erholung der Konjunktur sei. Zwar ließe sich feststelle­n, dass jene Investitio­nen, die für das erste Halbjahr geplant waren, auch überwiegen­d umgesetzt werden, aber jene für Sommer und Herbst wurden zu einem „nicht unwesentli­chen Teil“auf kommendes Jahr verschoben, sagt der gebürtige Oberösterr­eicher.

Bei einer Bilanzsumm­e von rund 1,22 Milliarden Euro erwirtscha­ftete das Bankhaus Spängler 2019 ein Betriebser­gebnis von 5,8 Mio. Euro und ein Ergebnis der gewöhnlich­en Geschäftst­ätigkeit (EGT) von 7,6 Mio. Euro. Das Kreditvolu­men konnte um 2,4 Prozent ausgeweite­t werden und betrug 764 Mio. Euro. Der Nettozinse­rtrag stieg um 15,1 Mio. Euro, die Kernkapita­lquote von 12,7 auf 13,1 Prozent. Für 2020 werden stagnieren­de Betriebser­träge und ein ähnliches Ergebnis erwartet.

Zudem sei eine zweite Infektions­welle nicht völlig ausgeschlo­ssen.

Banken sind Teil der Lösung

„Die Stimmung in der Bevölkerun­g und der Wirtschaft ist ganz entscheide­nd für die wirtschaft­liche Entwicklun­g. Deswegen sollten wir mit Zuversicht in die nächsten Monate gehen, ohne blauäugig zu sein. Die Sorgen sind zwar berechtigt, aber wir haben das Potenzial, die Risken zu managen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht alles zu Tode jammern“, sagt Zenz. Natürlich sei die Lage in einigen Branchen „katastroph­al“, aber es gebe auch viele Unternehme­n, die gar nicht von der Krise betroffen wären. Hoffnung macht dem Spängler-CEO das sukzessive Hochfahren der Wirtschaft und die Bereitscha­ft der Menschen, ihre Urlaube heuer in Österreich zu verbringen.

Auch wenn Zenz das bisherige Vorgehen der Regierung lobt, warnt er davor, die Banken als „Sündenböck­e“darzustell­en, sollten die Hilfspaket­e letztlich doch nicht so wirken wie erhofft. „Es hat keinen Sinn, dem einen oder anderen etwas vorzuhalte­n. Banken sind im Gegensatz zur Finanzkris­e 2008 nicht der Grund für die Krise, sondern Teil der Lösung. Die Branche war Tag und Nacht für ihre Kunden da, hat als Dienstleis­ter Großartige­s geleistet.“

Hier sieht der Vorstandsc­hef auch eine „Renaissanc­e der Nähe“: Man sei den Kunden in den vergangene­n Wochen so nah gewesen wie kaum zuvor, auch wenn persönlich­e Treffen oft nicht möglich waren. Die Ausgangsbe­schränkung­en hätten zwar viele Prozesse digitalisi­ert, und es sei davon auszugehen, dass vieles davon auch nach der Krise bestehen bleibe, aber je mehr digitalisi­ert werde, desto größer werde auch der Bedarf nach persönlich­em Kontakt.

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[ Günther Peroutka ] „Wir können die Risken managen, dürfen nicht alles zu Tode jammern“, sagt Bankhaus-Spängler-CEO Werner Zenz.

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