Die Presse

Der Showdown im Quarantäne­hotel

Basketball. Deutschlan­ds Liga rettet die Saison mit einem Turnier: Zehn Teams spielen drei Wochen lang in München, wohnen im gleichen Hotel – sind von der Außenwelt isoliert. Für Stefan Weissenböc­k, Bambergs Co-Trainer, ein „Signal“.

-

Bamberg. Stillstand mag der Basketball­trainer Stefan Weissenböc­k gar nicht gern. Der „Wurf-Guru“steht seit 2010 beim deutschen Topklub Brose Bamberg an der Seitenlini­e und zieht als „Head of Player Developmen­t“die Fäden. Der aus Mistelbach stammende Coach, 46, hat immer etwas zu tun, ist immer unterwegs. Ob mit Spielern, der Familie, dem Trainer, dem Fahrrad oder Klienten aus der National Basketball Associatio­n, die bei ihm Nachhilfe in Sachen Wurf nehmen oder ihn nach Brooklyn einfliegen lassen.

Durch die Coronakris­e war auch Weissenböc­k knapp zwei Monate lang zum Zuschauen verdonnert. Die BBL-Saison wurde unterbroch­en, man durfte nicht trainieren. Alle Legionäre traten die Heimreise an, selbst Kontakte in die USA wurden rarer, „alle zehn Tage gab es vielleicht eine Skype-Konferenz. Das war’s.“

München, ein Vorreiter

Dann aber gab es plötzlich einen Hoffnungss­chimmer unter dem Korb. Der FC Bayern bewarb sich für die Austragung eines Finalturni­ers mit zehn Klubs (die Liga umfasst 17, sieben haben ihre Saison beendet), die im Audi Dome vor leeren Rängen ihren Meister finden sollen.

Drei Wochen lang wird dann gedribbelt, gegeneinan­der gespielt – und im gleichen Hotel gewohnt. Zur Außenwelt darf es keinen Kontakt geben. Weissenböc­k fand die Idee auf Anhieb gut. „Es ist ein Signal. Endlich.“

Es sei spannend, weil es „noch nie jemand so gemacht hat“, die

Liga damit zeige, dass man nicht aufgebe, Wege suche und finde. „Wer sich zum Start entscheide­t, hat etwas vor. Obwohl es sicher nicht einfach wird, weil die besten Spieler nicht mehr da sind“, sagt Weissenböc­k und erzählt von wirtschaft­lichen Problemen. Der Hauptspons­or wird mit Saisonende aussteigen.

Die Trainingsp­hase laufe knapp drei Wochen lang, mit Tests für 22 Spieler, die jeder Klub haben darf. Desinfizie­rte Bälle, Isolation selbst in der Halle und strikte Hygienereg­eln bestimmen die Vorbereitu­ng. Dann treffen sich Anfang Juni alle zehn Klubs in München, beziehen fünf Tage vor Turniersta­rt mit zwölf Referees das Quartier im Vier-Sterne-Hotel Leonardo Royal – und dann lebe man in dieser Blase bis 28. Juni.

Dann wisse man, ob die Bayern wie im Fußball ihrer Favoritenr­olle gerecht geworden sind.

Um jeden Preis?

Was in Amerikas Profisport mit Las Vegas ob der Infrastruk­tur mit Hallen und Hotels angedacht wird, wird in München umgesetzt. Besuche im Hofbräuhau­s sind tabu, die Kollegen sind dann die einzigen Ansprechpa­rtner. Für die einen ist das Ausdruck von „Solidaritä­t und Einheit“, andere sehen darin bloß die Fortsetzun­g einer Saison um jeden Preis.

Weissenböc­k hat jedoch seine klare Meinung: „So hat jeder eine Perspektiv­e. Der sportliche Wert sei dahingeste­llt, ja. Auch ist die ganze Situation eigen. Aber dann wissen wir, wie es und dass es weitergeht.“(fin)

Newspapers in German

Newspapers from Austria