Hört man vor lauter Bäumen den Lärm nicht mehr?
Hinter dichten Bewuchsstreifen ist der Straßenlärm zwar messbar gedämpft. Aber eine Lärmschutzwand bietet im hochrangigen Straßennetz deutlich stärkeren Schallschutz. Trotzdem haben Waldstreifen entlang der Autobahn positive Effekte wie Wind- und Blendsch
Anrainer von stark befahrenen Straßen sind in ländlichen Gegenden oft durch einen kleinen Wald geschützt. Dieser Bewuchsstreifen dient zum Sichtschutz und soll auch akustisch eine Erleichterung sein. Die Bäume und Büsche müssen regelmäßig gestutzt werden: Nach solchen Erhaltungsschnitten gab es immer wieder Berichte von Anrainern, dass man die Autos viel stärker höre als vorher, als die Bäume noch vorhanden waren. Forscher des Austrian Institute of Technology (AIT) untersuchten nun den messbaren Effekt dichter Bewuchsstreifen auf die Akustik dahinter.
Im Projekt „Lärmdämpfung an Verkehrswegen durch Bewuchsstreifen (LAUB)“, das über die Forschungsförderungsgesellschaft FFG vom Klimaschutzministerium und von der Infrastrukturgesellschaft Asfinag gefördert wurde, sammelten sie Audio- und Videoaufnahmen hinter voll belaubten Bewuchsstreifen vor und nach der Entfernung der Pflanzen.
Dummy mit Mikrofon in den Ohren
Die Tonaufnahmen wurden in einem „Kunstkörper“gemacht, also einem Dummy in der Form eines menschlichen Oberkörpers, bei dem die Aufnahmemikrofone an den Positionen der Trommelfelle der Kunstohren des Kopfs platziert sind.
Die Aufnahmeorte waren alle an hochrangigen Autostraßen in Ostösterreich, mit einer Mischung an Laub- und Nadelhölzern und Bewuchsdichten, die repräsentativ für ganz Österreich sind. „Wenige Meter reichen nicht für einen Lärmschutz, daher haben wir dichte Wäldchen gewählt, die mindesten zehn Meter tief und mindestens fünf Meter hoch waren“, erklärt Martin Czuka vom Center for Mobility Systems am AIT. Bei voller Belaubung ist der Streifen also so
Der Schallpegel, der an einer Autobahn entsteht, wird hinter einem dichten Bewuchsstreifen (10 Meter breit und 5 Meter hoch) um
Hinter einer durchschnittlichen Schallschutzwand beträgt diese dicht, dass man die Fahrzeuge gar nicht mehr sehen kann. Die Ergebnisse bestätigten, was aus der Literatur schon bekannt war: Ein lärmschützender Effekt ist zwar messbar, aber der grüne Wald kommt gegen eine graue Wand nicht an. Lärmschutzwände oder -wälle bieten einen viel stärkeren Schallschutz.
Pro zehn Meter Bewuchsstreifenbreite sinkt die Lautstärke um ein bis zwei Dezibel, wenn alles dicht belaubt ist und der Schall sich maßgeblich durch den Bewuchs ausbreitet. Zudem muss der Bewuchsstreifen wie bei einer Lärmschutzwand ausreichend hoch und lang sein, damit die lärmmindernde Wirkung auch in größerer Entfernung hinter dem Bewuchs feststellbar ist.
„Dieser Effekt ist wahrnehmbar“, schließt Czuka aus den Laborexperimenten. Dabei wurden Probanden die Audioaufnahmen von vor und nach den Erhaltungsschnitten vorgespielt: „Die Mehrheit empfand es nach dem Schnitt als lästiger.“
Probanden ließen sich nicht täuschen
Die Forscher erkundeten auch die Psychoakustik, also ob visuelle Eindrücke das Empfinden des Gehörten verändern, indem sie die Audios zugleich mit Videos vorspielten. Die Annahme war, dass bei Videos mit dichtem Waldstreifen der Lärm geringer eingestuft wird, auch wenn die Tonaufnahme von einem leeren Grünstreifen stammt. „Das hat sich im gewählten Versuchs-Set-up nicht bestätigt: Wenn es einen psychoakustischen Effekt gibt, dürfte er nicht stark sein, sonst hätten wir ihn in den Versuchen erkannt.“
Die Forscher betonen aber, dass Bewuchsstreifen entlang viel befahrener Straßen nicht nur die Anrainer erfreuen, sondern auch positive Effekte für die Autofahrer haben: Die Bäume geben eine visuelle Info über den weiteren Straßenverlauf und dienen als Wind-, Schnee- und Blendschutz.