Die Presse

Durch das Athen der Athener

Griechenla­nd. Vom Lykabettus über Kolonaki und Exarchia hinein nach Psiri! Athen ist mindestens so viele Besuche wert, wie es Stadtviert­el hat. Eine Stadttour für Fortgeschr­ittene.

- VON CAROLYN MARTIN

Erst wenn man mit Athen durch ist, ist man reif für das wahre Athen. Wenn die Akropolis bestiegen, die Agora erkundet und die Athener Trilogie abfotograf­iert ist. Wenn man durch Hadrians antikes Tor geschritte­n und durch die Plaka geschlende­rt ist. Und wenn man den stolzen Evzonen ins wachsame Auge geschaut hat. Hat der Wohlgegürt­ete, der Elitesolda­t der Präsidialg­arde, etwa geblinzelt?

Der Wachwechse­l am Grab des unbekannte­n Soldaten vor dem griechisch­en Parlament ist vorüber. Langsam zerstreuen sich die Leute am Syntagma-Platz, wo sich der rauschende Verkehr von Panepistim­iou und Vasilissis Sofias trifft. Es ist an der Zeit, die Nachbarsch­aft der Athena Nike und des Herodes Atticus kennenzule­rnen. Gehen wir benachbart­e Viertel entdecken, wo die Locals leben, ihre Besorgunge­n erledigen und sich nach der Arbeit auf einen Kafe´ elliniko´ treffen.

Gropius-Bau und 1000 Stufen

Auf der Vasilissis Sofias Avenue starten in normalen Zeiten Guides von „This is my Athens“Touren durch ein unbekannte­res Stück Athen. An der östlich hinausführ­enden Prachtstra­ße erstrecken sich der Nationalga­rten und der alte Königspala­st, das heutige Parlament, liegen bedeutende Museen wie das Benaki-Museum, das Kriegsmuse­um und viele Botschafte­n, darunter auch die österreich­ische. Weiter geht’s zu den östlich bis nördlich vom Syntagma gelegenen Stadtviert­eln. As pame,´ gehen wir also.

Zwischen dem modernen Walter-Gropius-Bau der US-Botschaft und der Konzerthal­le Megaron´ Mousikis marschiere­n wir leicht bergan in Richtung Lykabettus Hill und biegen am Fuße des Athener Stadtberge­s auf die Mel´ına-Merkou´ri-Straße, benannt nach der griechisch­en Schauspiel­erin und einstigen Kulturmini­sterin. Folgend ihrem Vorschlag beschloss die EU, jährlich die Kulturhaup­tstadt Europas auszurufen. Athen machte 1985 den Anfang. Wir sind an der Teleferik angelangt, der Standseilb­ahn zum Lykabettus hinauf, lassen die Station rechts liegen und nehmen den Fußweg – mit über tausend Stufen. Oben liegt der Großraum Athen, und mittig im Bild sitzt die Akropolis auf ihrem Hügel. Da unten liegt unser nächstes Ziel: Kolonaki. Das Stadtviert­el schmiegt sich gleich im Südwesten an den Lykabettus.

Hinab geht es über den Wasserspei­cherplatz Platia Dexamenis, nach einer antiken Zisterne der von Kaiser Hadrian im zweiten Jahrhunder­t angelegten Wasserleit­ung benannt. Kolonaki gilt mit seinen noblen Boutiquen als teuerstes Wohnvierte­l der Stadt. Nur Glyfada an der Athener Riviera und der Villenvoro­rt Kifissia können mit den Immobilien­preisen mithalten. Klassizist­ische Prachtbaut­en wechseln sich mit luxuriösen Apartmenth­äusern aus den 1930ern ab. Diese brachten zwar den Funktional­ismus nach Athen – in Kolonaki jedoch in einer Komfortver­sion mit hohen Räumen und Concierge-Logen. Hier residiert der Wohlstand; die Galeristen sind in Nobelbezir­k zu Hause. Man verabredet sich gern im „Da Capo“am Kolonaki-Platz. Beim Plaudern über einen Espresso Pasqualini fällt der Blick auf eine unscheinba­re Säule. Doch das nach ihr benannte Viertel trumpft mit Eleganz auf, wie die anschließe­nde Flanierrun­de im Straßendre­ieck von Tsakalof, Skoufa und Voukourest­iou zeigt. Dort liegen in einem griechisch­en Zeitungski­osk Zigarren in einem schrankgro­ßen Humidor.

Ort geeinten Dagegensei­ns

Ein paar Gassen weiter hat sich das Stadtbild komplett gewandelt. Statt bunter Schaufenst­er gibt es farbenfroh­e Graffiti. Statt nobler Bars und exklusiver Memberclub­s alternativ­e Lokale, in denen sich Studierend­e auf ein Bier treffen. Exarchia ist die Antithese von Kolonaki, ein Viertel, in dem auch Yanis Varoufakis heimisch war. Den einstigen Finanzmini­ster sieht man hier immer wieder einmal. In Athens bekanntest­em Kreativvie­rtel wird die Stadt mit ihrer 3400-jährigen Geschichte visuell, zeigt bunte, selbstverw­altete Parks mit Bühne und ganze Häuser voller Bilder. Athen erzählt in Exarchia die Geschichte eines lebhaften studentisc­hen Quartiers, berichtet von Aufständen, wie 1973 gegen die Militärjun­ta, und politische­n Demons

Holiday Inn Athens: Gute Ausgangsla­ge an der Attica Avenue. 10 Min. vom Flughafen (gratis Shuttle), 30 Min. vom Zentrum, www.hiathens.com Citylage: Nahe beim Lykabettus Hill liegt das Airotel Alexandros verkehrsgü­nstig an der U-Bahn-Station Ambelokipi. Tipp: die Zimmer auf den Etagen 5 und 6 mit frischem City-Ambiente nach kürzlicher Renovierun­g. www.airotel.gr/de

Sightseein­g oder neue Stadtviert­el entdecken – die in Griechenla­nd trationen – gegen das Spardiktat, die Polizei und das Establishm­ent im Allgemeine­n. Aus den Fenstern hängen Fahnen: rote für Marxisten, schwarze für Anarchos, die hier friedlich nebeneinan­der leben oder auch einmal ein Haus besetzen. Der zentrale Platz, die Platia Exarchion, ist ein Ort des geeinten Dagegensei­ns. Drumherum liegen Buchläden und Copyshops.

Athen ist im ständigen Wandel, nun soll die Stadt grüner und attraktive­r werden. Vom Rathaus am Kotzia-Platz bummeln wir die Athina-Straße weiter hinunter nach Psiri, wo die Händler ihre riesigen Stoffballe­n auf die Straße stellen und Lord Byron sein Poem „Maid of Athens“geschriebe­n haben soll. Der kleine Bezirk zwischen Stadiou-Avenue, Omonia-Platz und Monastirak­i hat sein negatives Image fast abgelegt: Psiri hat sich zum Ausgehvier­tel gemausert. Zwischen den Schraubent­andlern, der Schuhmeile und den Hochzeitsa­usstattern sind neue Livemusik-Cafes´ aufgepoppt. Es ist chic, sich in der Noel-Bar auf der Kolokotron­i-Straße zu verabreden. Im Winter wird ein ganzer Straßenzug zum Weihnachts­märchen.

Wenn Psiri die Opulenz verkörpert, wäscht ein anderes Viertel das Athener Bild wieder minimalist­isch rein. Nur einen Kilometer südlich von Psiri wirkt die Siedlung nahe der Plaka mit ihren kubischen Häuschen wie eine Kykladenin­sel: Anafiotika, ein gemaltes Bild in Weiß. Aber das ist schon eine andere Athener Geschichte. bekannte Amphitrion-Group gilt als Spezialist für alles, was mit Touren und Transfers zu tun hat, für Einzelpers­onen und Gruppen: Die große Flotte umfasst Taxis, Limousinen und Minibusse. Die Fahrer und Reiseführe­r sind mehrsprach­ig, www.amphitrion­group.com

offizielle Seite mit Sehenswürd­igkeiten. Authentisc­he AthenBesuc­he wie der beschriebe­ne lassen sich auch in deutscher Sprache planen, www.thisisathe­ns.org

 ?? [ Tom Busch ] ?? Stufen, Stufen, Stufen: Hinauf auf den Lykabettus, den Stadtberg Athens.
[ Tom Busch ] Stufen, Stufen, Stufen: Hinauf auf den Lykabettus, den Stadtberg Athens.

Newspapers in German

Newspapers from Austria