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Geo-Verwandtsc­haften. Die halbe Welt in Österreich: „Presse“-Redakteure finden, dass es mancherort­s so aussieht wie in . . .

- Kanadas Rockies im Salzkammer­gut [ STMG/Karl Steinegger ]

Altaussee. An Stammtisch­en von Hallstatt, von Gosau und im Ausseerlan­d wird es wohl über das absehbare Abschmelze­n des Gletschers bis in alle Ewigkeit hinaus ein Streitthem­a zwischen oberösterr­eichischen und steirische­n Lokalpatri­oten bleiben: Wem der Dachstein denn nun „gehört“– und von wo aus sich das schönste Panorama auf den Riesen des Salzkammer­guts bietet, einem der grandiosen Naturschau­spiele der Alpen.

Auf oberösterr­eichischer Seite spiegelt sich die Silhouette im Gosausee wie die kanadische­n Rocky Mountains im Lake Louise in der Provinz Alberta – nur ohne das protzige Hotel, das sich wie ein Chateauˆ über dem See erhebt. Eine Bärensicht­ung liegt wohl auch lang zurück. Am Icefields Parkway zwischen Jasper und Banff säumen Braunbären indessen so selbstvers­tändlich den Straßenran­d wie hierzuland­e Kühe.

Der Fast-Dreitausen­der ist Kulisse genug, und er kündet vom Ende der Welt. Vom Loser in Altaussee aus blendet das gleißende Weiß des Dachsteins, zum Greifen nah. Die Kombinatio­n Berg-See hat es Romantiker­n angetan, und sie weckt Assoziatio­nen – von Norwegen über Kanada bis Neuseeland. Das Gefühl vom Ende der Welt vermittelt auch die Trisselwan­d, die schier unüberwind­lich aufragt. Nicht verwunderl­ich, dass sich die Nazis in der „Alpenfestu­ng“sicher wähnten. Die Blaa-Alm galt als Refugium – auch für James Bond, einem Experten für die pittoreske­n Plätze der Erde. (vier)

Wir mögen von Österreich­s landschaft­licher Einzigarti­gkeit (und Inselhafti­gkeit) überzeugt sein. Aber nein, leider, so einzigarti­g sind wir nicht. Das Vorhandens­ein eines Urmeeres, das Zusammentr­effen von Kontinenta­lplatten, die Auffaltung der Alpen, die aktuelle europäisch­e Binnenlage ungefähr auf dem 48. Breitengra­d der nördlichen Halbkugel: All das und noch erdgeschic­htlich sehr viel mehr schuf Voraussetz­ungen, die Österreich sich mit anderen Weltgegend­en teilt. Bestimmte Klimazonen und geologisch­e Vorgänge bringen ähnliche Landschaft­en mit vergleichb­arer Vegetation und Tierwelt hervor. Sehr verkürzt gesagt.

Hat auch etwas Gutes! Denn aus diesem Grund fremdeln wir nicht so, wenn wir unsere Geo-Verwandtsc­haft besuchen. Und umgekehrt kommt uns jetzt, da uns ein grausliche­s Virus kleinräumi­g einsperrt, der Umstand zugute, dass es so viele optische (wenn nicht atmosphäri­sche) Parallelen gibt – zu Norwegen, British Columbia, der Südinsel von Neuseeland, dem Norden von Portugal, der Toskana und dem Burgund, ja sogar Florida, der Karibik und so

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