Kommt raus aus euren Löchern!
Neustart. Schluss mit der Ausrede, es gäbe keine Jobs. Es gibt sie. Mit der Tänzelstrategie, der Suche nach dem Schmerz im Schuh und dem Heilsbringeransatz findet man sie auch.
Knapp 54.000 offene Stellen auf der einen Seite. Auf der anderen 522.000 Arbeitssuchende und 1,1 Millionen Kurzarbeiter, von denen viele ebenfalls um ihre Jobs bangen. „Die meisten fielen in eine Art Schockstarre. Sie meinten, dass im Shutdown nichts weitergeht“, bedauert Karriereberater Michael Hanschitz.
Jetzt fährt die Wirtschaft wieder hoch, und die Entscheider kehren in ihre Büros zurück. Die Ausrede, alles stehe still, fällt weg. Wie geht man vor, wenn man verunsichert, deprimiert oder verzagt ist? Hanschitz packt die Sache pragmatisch an. Erste Frage: Was kann ich gut? Weil einem in desperaten Zeiten nicht viel einfällt, fragt man Freunde oder Kollegen. Oft bekommt man überraschende Antworten. Talente, die einem selbstverständlich scheinen, sind in deren Augen etwas Besonderes. Darauf lässt sich aufbauen – und sie gehören in den Lebenslauf.
Zweite Frage: Wie betroffen ist meine Branche? Lebensmittelhandel, Pharma, IT und Onlinebusiness sind die großen Krisengewinner. Wer hier seinen Job verlor, muss sich nur an den Mitbewerb wenden. Anders sieht es etwa mit Tourismus oder Fluglinien aus: „Hier muss ich mich fragen, welche meiner Kompetenzen brauchen auch andere Branchen?“Hanschitz erzählt von einer Buchhalterin 50+, die mit einer solchen Tänzelstrategie – von einer Branche in die andere tänzeln – mitten im Shutdown Erfolg hatte. Jetzt ist sie glückliche AMS-Beraterin. Mitarbeiter aus Dienstleistungsbranchen wiederum sind wegen ihrer Kundenorientierung bei Banken und Versicherungen gern gesehen.
Nur drei von zehn Stellen werden öffentlich gemacht, alle anderen unter der Hand besetzt. Man kommt trotzdem an sie heran: Wenn man jemanden kennt, der jemanden kennt, der davon weiß.
Willkommen im Schattenmarkt
BDO-Newplacement-Senior-Managerin Michaela Buttazzoni schwört auf die Kraft solcher Netzwerke. Voraussetzung allerdings ist, dass man bereits weiß, was man will. Also nicht etwa „Ich suche einen neuen Job. Kannst du mir helfen?“, sondern: „Ich interessiere mich für die Energiebranche. Kannst du mir jemanden empfehlen, der mir Input geben kann?“
Genau hier bekommen viele sonst so überlegene Menschen Selbstzweifel. Sie trauen sich nicht. „Sie denken, sie seien Bittsteller. Das stimmt nicht. Sie sind spannende Gesprächspartner!“Die aufmerksam zuhören, herausfinden, wo in dieser Branche/diesem Unternehmen der Schuh drückt und worauf das Gegenüber anspringt. Geschickte bringen sich gleich selbst als Lösung ins Spiel.
Netzwerken wird oft fälschlich auf die Top-Ebene reduziert. „Einer meiner Klienten erwähnte bei seiner Friseurin, dass er Kontakt zu einer bestimmten Spedition sucht. Dort arbeitete deren Mann. Schon war die Tür offen.“Was uns zu einer weiteren guten Netzwerkfrage führt: „Ich will genau zu dieser Firma. Kannst du mir die Rutsche legen?“
Heilsbringeransatz
Alexander Norman, Newplacement-Berater seit 30 Jahren, überlässt den offenen Arbeitsmarkt ganz den Jungen. Ältere, sagt er, müssten auf der herrschenden Ungewissheit in den Unternehmen aufbauen. „Die Firmen wissen, sie müssen ihre Geschäftsmodelle anpassen. Aber sie wissen nicht, wie.“
Norman nennt es die Strategie des potenziellen Stellenmarkts: Aufgaben oder Jobs zu schaffen, die es in diesem Unternehmen bisher noch nicht gab, die es aber braucht. Sich etwa als neuer Digitalisierungsofficer anzubieten oder als ehemaliger Journalist für zwei Unternehmen jeweils halbtags die PR zu erledigen, günstiger als deren Agentur es kann.
Dieser Weg führt nicht über die Personal-, sondern über die Fachabteilung. Und hier nicht über die Mitarbeiter, sondern über den Fachvorgesetzten. Ungefährlich ist das nicht: Auch er bangt um seinen Job. Weshalb man seinem Wunsch nach einem fertigen Konzept nicht nachkommen sollte. Dann hört man nie wieder von ihm.
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Auf die Wirkung kommt es an: Ashoka-Chefin Raphaela Toncˇic´-Sorinj im Porträt. K3 Man muss nicht zusammen sein: Wie Kreativprozesse auch online gelingen. ................. K3