Die Presse

Man muss nicht zusammen sein, um kreativ zu sein

Online. Corona hat die Art und Weise, wie wir beruflich kommunizie­ren, stark verändert. Das gilt nicht nur für Besprechun­gen, sondern auch für Beratung und Kreativpro­zesse. Zwei Beispiele aus den vergangene­n Tagen.

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Videokonfe­renzen, Webinare, E-Learning-Formate. Ja, das sind keine Erfindunge­n der Coronazeit. Dennoch wurden sie noch nie so stark frequentie­rt wie in diesen Tagen. Und sie bringen erstaunlic­h gute Ergebnisse und positive Erlebnisse für die Teilnehmer. Zwei Beispiele dafür aus den vergangene­n Tagen.

Kollegiale Fallberatu­ng ist ein Instrument, bei dem Menschen, die an einem bestimmten Thema interessie­rt sind, zusammenko­mmen. Gemeinsam suchen sie nach Lösungen für ein konkretes Problem, für einen „Fall“, den der „Fallgeber“präsentier­t. Die „Berater“die nicht notwendige­rweise alle Umstände im Detail kennen, bringen ihre Vorschläge und ihre Perspektiv­e von außen ein.

Dass dies auch im virtuellen Raum funktionie­ren kann, zeigte sich bei der Veranstalt­ung „Erfolgsfak­tor Employer Branding“, die ursprüngli­ch in den Räumlichke­iten von Gastgeber Willhaben in Kooperatio­n mit Strategie Austria hätte stattfinde­n sollen, dann aber ins Netz verlegt werden musste. In drei parallelen Workshops, die von Barbara Pertl, Employer-BrandingEx­pertin bei Willhaben, ausgewählt wurden, arbeiteten die rund 70 Teilnehmer via Zoom an je einem Employer-Branding-Fall. Danach wurden die Ergebnisse dem Plenum präsentier­t.

Was die Crowd alles kann

Von Anfang an rein für das Netz konzipiert war der Open-Innovation-Workshop „CoCreate 2020“den Elisabeth Leyser, Managing Partner bei Hill Management, organisier­t hatte. „Warum die ,Superpower‘ der Crowd nicht auch für die bestmöglic­he Gestaltung der Zukunft nach dem Corona-Shutdown nützen?“, war ihre Ausgangsfr­age. Und wie lassen sich zentrale gesellscha­ftliche Herausford­erungen und Anliegen durch kollaborat­ive, intelligen­te Ansätze lösen?

Rund 100 Teilnehmer erarbeitet­en räumlich voneinande­r getrennt innerhalb von zehn Stunden, aufgeteilt auf drei Tage, mehrere Projekte, die, sagt Leyser, „sonst wohl so nicht möglich gewesen wären“.

So wurde die Idee eines Spiels, des „WertEschöp­fungspiels“bearbeitet: In einem Dorf leben im Jahr 2015 zehn Familien. In ihrem Leben sollen nachhaltig­e Werte erfahrbar und erlebbar sein und in drei Schritten zur Wirklichke­it werden. Erstens: Gemeinscha­ftlich spielen, in Freude über die gewandelte Welt staunen. Zweitens: Praxisgrup­pen real und regional gründen, die kleine Projekte umsetzen. Und drittens: Daraus entstehend­e größere Projekte verwirklic­hen.

Ein anderes Projekt mit dem Titel „Challenges“, das bei CoCreate entwickelt wurde, will mit spielerisc­hen Wettbewerb­selementen bei Unternehme­nstransfor­mationen unterstütz­en: Grundlage ist ein „Ideen- und Informatio­nsbaukaste­n“für Unternehme­n, der es ermöglicht, jeden Monat neue kleine Herausford­erungen anzunehmen, die einen positiven Einfluss sowohl auf die Mitarbeite­r als auch auf die Umwelt und Gesellscha­ft haben. Denn: Es sind die kleinen, täglichen Veränderun­gen, die in der Summe Großes bewirken können.

Daneben wurde an diesen drei Online-Workshopta­gen auch eine Meta-Plattform namens „Ideenkulti­vierer“entwickelt, die Geldund Ideengeber, Unterstütz­er und Umsetzer zusammenbr­ingen will, um in kurzer Zeit Zukunftswe­isendes umzusetzen.

Etwas hat dann doch gefehlt

Eines aber räumt Leyser ein: Trotz aller kreativer Energie hätten doch einige Punkte gefehlt: Das 100-prozentig flüssige Gespräch, dass der Zeitverzög­erung durch die Videoübert­ragung geschuldet ist. Und damit verbunden der gemeinsame Moment der Inspiratio­n und des Durchbruch­s. Dieser lasse sich eben nur spüren, wenn man physisch zusammen ist.

Was virtuellen Formaten immer auch fehlt, ist der informelle Teil, das gemeinsame Essen, Trinken und Reden – was manchmal auch ein Vorteil sein kann. (mhk)

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