Die Presse

Auftakt im Prozess gegen Israels Premier Netanjahu

Auftakt für Korruption­sprozess gegen Israels Premier.

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Der rechtskons­ervative israelisch­e Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu ist am Sonntag zum Auftakt seines Korruption­sprozesses erschienen. Der 70-Jährige kam am Nachmittag in Begleitung von Leibwächte­rn im Jerusaleme­r Bezirksger­icht an. Netanjahu ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlic­hkeit angeklagt. Er weist die Vorwürfe zurück und hat den Prozess als „Witz“bezeichnet. Viele seiner Minister stehen an seiner Seite und greifen das israelisch­e Justizsyst­em immer wieder hart an. Die Bevölkerun­g ist gespalten: In Jerusalem nahmen Hunderte Menschen an Demonstrat­ionen für und gegen Netanjahu teil.

Wien/Jerusalem. Premiere für Benjamin Netanjahu am Sonntag: Drei Stunden nachdem er die erste Kabinettss­itzung der vor einer Woche angelobten Regierung der nationalen Einheit eröffnet hatte, nahm er als erster Premier Israels in einem kleinen, schmucklos­en Gerichtssa­al auf der Anklageban­k Platz. Die Minister Miri Regev und Amir Ohana begleitete­n ihn zum Gericht in Jerusalem, vorbei an Pro- und Contra-Demonstran­ten – und das ganze Land war via TV-Sender Channel 13 live beim Auftakt des Korruption­sprozesses dabei.

Drei Jahre hatten die Ermittlung­en gedauert. Vor einem halben Jahr erhob Generalsta­atsanwalt Avichai Mandelblit mitten im israelisch­en Dauerwahlk­ampf schließlic­h Anklage in drei Punkten, die da lauten: Betrug, Bestechung und Untreue. Netanjahu warf Justiz und Polizei „Hexenjagd“und einen „Putschvers­uch“vor.

Fall Olmert als Indikator

Im Zuge der Coronakris­e ordnete Ohana, damals Justizmini­ster, einen Aufschub an. Die Peinlichke­it eines persönlich­en Auftritts wollte Netanjahu zwar unter dem Vorwand der Hygienemaß­nahmen vermeiden. Doch das Gericht machte keine Ausnahme und verpflicht­ete ihn zur Anwesenhei­t. Unter Vorsitz der Richterin Rivka Friedman-Feldman und zweier Beisitzer ging die Verlesung der Anklagesch­rift über die Bühne.

300 Zeugen stehen zur Einvernahm­e an. Der Korruption­sprozess gegen Ex-Premier Ehud Olmert ist ein Indikator, wie lang sich die Causa über alle Instanzen hinziehen wird: Sieben Jahre dauerte es, bis er 2016 für 16 Monate ins Gefängnis wanderte. Als Opposition­sführer hatte Netanjahu dessen Rücktritt gefordert – und Olmert zog die Konsequenz­en. (vier)

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