Die Presse

Ist Van der Bellen strafbar?

Bundesvers­ammlung müsste der Verfolgung zustimmen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Bundespräs­ident wurde nachts in Lokal gesichtet: „Es war ein Fehler“.

Wien. Erneut gibt es Aufregung um den möglichen Bruch der Coronarege­ln durch einen Politiker. Diesmal geht es um Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, der nach der Sperrstund­e mit seiner Frau im Gastgarten eines italienisc­hen Lokals in Wien gesichtet wurde. Aber könnte sich das Staatsober­haupt strafbar gemacht haben?

Laut der Verordnung darf der Gastwirt den Kunden nur zwischen sechs und 23 Uhr „das Betreten“des Lokals erlauben. Im Zusammenha­ng mit den Covid-Gesetzen müsse man diese Bestimmung aber so lesen, dass sich auch Kunden strafbar machen können, erklärt Karl Stöger, Professor für Öffentlich­es Recht an der Universitä­t Graz. Und der Begriff „Betreten“bedeute auch, dass man das Lokal nach der Sperrstund­e verlassen müsse, sagt der Jurist zur „Presse“.

Bei der Polizeikon­trolle standen in der Nacht auf Sonntag um 0.18 Uhr Getränke auf dem Tisch des Bundespräs­identen. Das Lokal selbst sei aber geschlosse­n gewesen, berichtete krone.at. Die Polizei leitete den Fall an das für etwaige Strafen zuständige Magistrat weiter.

Gästen, die nach der Sperrstund­e im Lokal sind, würden Strafen bis zu 3600 Euro drohen, dem Betriebsin­haber bis zu 30.000 Euro, erklärt Stöger. Allerdings dürfe der Bundespräs­ident laut Verfassung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn zuvor die Bundesvers­ammlung (Abgeordnet­e des National- und Bundesrats gemeinsam) zustimmen. Das gelte auch für bloß verwaltung­sstrafrech­tliche Fälle wie hier.

Van der Bellen entschuldi­gte sich: „Ich bin erstmals seit dem Lockdown mit zwei Freunden und meiner Frau essen gegangen. Wir haben uns verplauder­t und leider die Zeit übersehen. Das tut mir aufrichtig leid. Es war ein Fehler.“

Kanzler nicht immun

Zuletzt hatte ein Besuch von Kanzler Sebastian Kurz im Kleinwalse­rtal für Aufsehen gesorgt. Kritisiert wurde, dass er laut Bildern etwa zu Landeshaup­tmann Markus Wallner den Mindestabs­tand von einem Meter nicht einhielt. Auch Anhänger des Kanzlers standen nah beieinande­r. Bei Missachtun­g des Mindestabs­tands drohen bis zu 3600 Euro Strafe. Ein Kanzler hat keine Immunität.

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