Die „Phase zwei“für die Opposition
Parteien. Zu Beginn blieb in der Coronakrise keine Zeit für Widerspruch. Nun wollen sich SPÖ, FPÖ und Neos aber wieder Gehör verschaffen – mit unterschiedlichen Zugängen.
Nicht, dass die Opposition dafür eine Erlaubnis gebraucht hätte. Aber als die Bundesregierung die „Phase zwei“in der Coronakrise ausrief, betraf das nicht nur das gesellschaftliche Leben. Das vorsichtige Aufatmen, das langsame Erwachen nach dem Höhepunkt der Pandemie, das galt auch für die Politik: Nun, wo ÖVP und Grüne nicht mehr täglich über neue Maßnahmen berichtet, bleibt mehr (Sende-)Zeit für Widerspruch.
SPÖ, FPÖ und Neos versuchen sich wieder Gehör zu verschaffen – auf unterschiedliche Art und Weise. Die Opposition hat auch einiges aufzuholen: Laut einer jüngsten Umfrage im „Profil“liegt die ÖVP bei Beliebtheitswerten von 48 Prozent. Weit dahinter folgt die SPÖ auf Platz zwei (17 Prozent). Die Grünen liegen bei 15 Prozent, die FPÖ bei 13 Prozent. Und die Neos erhalten sechs Prozent.
SPÖ
Anfang Mai sah es danach aus, als würde sich die SPÖ wieder einmal mit sich selbst beschäftigen, anstatt ihrem oppositionellen Kerngeschäft nachzugehen. Doch die internen Zweifel an den Ergebnissen der Mitgliederbefragung, vor allem an der hohen Beteiligung von 41 Prozent, sind mittlerweile, wenn schon nicht ausgeräumt, so doch wenigstens verstummt.
Mitverantwortlich dafür ist Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der mit seinen Angriffen auf die Stadt Wien nun jenen Außenfeind abgibt, nach dem sich die SPÖ insgeheim gesehnt hat (gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der die SPÖ nicht einmal ignoriert, tut sie sich schwer). Das erleichtert nämlich die Mobilisierung für die Wien-Wahl im Herbst, bei der aus SPÖ-Sicht nichts schiefgehen darf. Zumindest darin sind sich alle in der Partei einig. Weshalb Nehammer nun kollektiv, von Bürgermeister Michael Ludwig abwärts, als Wien-Anpatzer gebrandmarkt wird.
Parallel dazu versucht die Bundespartei wieder in die Nähe eines Wahlerfolgs zu kommen. Die Coronakrise wird als Chance gesehen, weil sie – mit Wirtschaftsabschwung und hoher Arbeitslosigkeit – die Wähler wieder empfänglicher für die Botschaften der SPÖ machen könnte. Die wichtigste davon lautet: Nicht die Arbeitnehmer (allein) sollten zur Kasse gebeten werden, um die Krisenkosten zu begleichen, sondern Millionäre, Banken und Internetkonzerne.
FPÖ
Die Linie der Freiheitlichen während der Coronakrise zog einige Kurven: Die Partei war in Österreich die erste, die vor der Ausbreitung des Virus warnte. Am 13. März forderte Klubchef Herbert Kickl sogar einen Lockdown Österreichs – es kam dann auch so weit. Doch schon Ende März änderte die FPÖ ihre Position. Seitdem begehren die Freiheitlichen gegen die Maßnahmen der Regierung auf, und zwar in ihrer gewohnten Manier: Laut und deftig.
Kickl führt eine Kampagne für den sofortigen Stopp des „CoronaWahnsinns“(Norbert Hofer, der Konziliantere der beiden, hält sich zurück). Fundamentalopposition funktioniert in der Krise nicht? Das gilt wohl nur für wenige Tage, findet die FPÖ. Nun will sie wieder Unterstützer gewinnen – mit traditionellen Tönen.
Neos
Brachialopposition ist den Neos fremd. Die Partei versteht sich als kritische, aber auch konstruktive
Kraft im Parlament. Das ist zwar womöglich gut für den politischen Diskurs, aber oft schlechter für die Eigen-PR. Denn mit einem „Einerseits, andererseits“, fällt man weniger stark auf. Vor allem in Krisenzeiten. Doch die Abgeordneten der pinken Parlamentsfraktion tragen nun längst nicht mehr den Kurs der Regierung ohne großen Widerspruch mit. Mittlerweile übt sich die Partei an grundsätzlicher Regierungskritik. Unter anderem fordert sie mehr Transparenz bei den Entscheidungen ein.
Und die Neos setzen nun auch auf andere Themen, abseits von Corona. Eine Bühne bietet der Partei der Untersuchungsausschuss. Dort wird in den nächsten Monaten die Zeit einer anderen Regierung aufgearbeitet, bei der die Neos in Opposition saßen: Türkis-Blau.