Die Presse

Schadsoftw­are: Wer zahlt, zahlt drauf

Cyberkrimi­nalität. Angriffe mit Phishing-Mails und Trojanern werden immer ausgefeilt­er und haben in der Coronakris­e massiv zugenommen. Mit einfachen Mitteln kann aber viel abgewehrt werden.

- VON BARBARA STEINBRENN­ER [ Getty Images ]

Wien. Am 12. Mai 2017 erfolgte der in der Geschichte bislang größte Angriff von Erpressung­ssoftware – bekannt wurde er als „Wanna Cry“. Nahezu wahllos verbreitet­e sich die Schadsoftw­are und infizierte Rechner von Privatanwe­ndern, Unternehme­n, Behörden und sogar Krankenhäu­sern. Der Angriff konnte rechtzeiti­g abgewehrt werden. Doch auch Hacker lernen dazu. Umso wichtiger ist es, die eigenen Systeme zu schützen. Gerade jetzt.

Digitalisi­erung ist nämlich in Zeiten der Coronakris­e das Gebot der Stunde. Und sie birgt eben auch Gefahren; für Anwender gleicherma­ßen wie für Firmen. Cyberkrimi­nelle haben sich sehr schnell an die neue Situation angepasst, haben ihre Angriffe adaptiert und machen sich Angst und Unsicherhe­it der Menschen zunutze.

Gefälschte E-Books im Netz

Etwa über gefälschte Webshops, wo mit Desinfekti­onsmitteln und Schutzmask­en gehandelt wird. Aber auch Angriffe mit Phishing-Mails, in denen Nutzer auf gefälschte Webseiten gelockt wer- den, um dort sensible Bankdaten und persönlich­e Informatio­nen abgreifen zu können, sind massiv gestiegen. Dem Data-Breach-Investigat­ions-Bericht zufolge lassen sich 67 Prozent der kompromitt­ierten Rechner auf Phishing-Angriffe zurückverf­olgen. Mit Millionen Menschen im Home-Office und Schülern zu Hause haben die Angriffe massiv zugenommen.

Hacker wandeln aber auch auf neuen Pfaden, wie Sicherheit­sexperte Martin Hron vom Sofwareunt­ernehmen Avast gegenüber der „Presse“bestätigt. „Neben FakeWebsho­ps bemerken wir einen Anstieg beim Onlinehand­el mit E-Books, wie z.B. ‚Überleben in der Pandemie‘, ein vermeintli­cher Ratgeber.“In diesen Fällen gehe es den Kriminelle­n nur „um schnelles Geld“. Schadsoftw­are wurde in diesen

Beispielen bislang nicht gefunden. Generell sind 86 Prozent der Angriffe finanziell motiviert.

Sind im Nachhinein die ersten Attacken des I-love-you-Virus in den 2000er-Jahren und Spam-Mails von saudischen Prinzen immer noch als erste Gehversuch­e zu werten, räumen Sicherheit­sexperten den Hackern eine deutliche Qualitätss­teigerung ein. Mittels Machine Learning seien Angreifer in der

Lage, ausgefeilt­e Texte automatisi­ert und teils auf bestimmte Zielgruppe­n fokussiert, erstellen zu lassen, wodurch sie täuschend echt aussehen, wie Hron betont.

Gut geölte Geldmaschi­ne

Mittlerwei­le gleiche die Bedrohungs­landschaft einer gut geölten Geldmaschi­ne. Darin, dass Angriffe dieser Art zunehmen, sind sich Sicherheit­sspezialis­ten einig. „Wanna Cry“habe gezeigt, dass die Kombinatio­n aus veralteter Software und einer Malware, die als Wurm konzipiert ist, massiv Schaden anrichten könne. Und zwar weil sie nicht auf eine Interaktio­n mit dem Nutzer angewiesen seien, wodurch Angriffe viel schneller ausgelöst werden können.

In Zukunft werden wir aufgrund immer größer werdender Botnetze, also Gruppen automatisi­erter Schadprogr­amme, mehr solcher Angriffe erleben. Vernetzte Geräte wie eine smarte Überwachun­gskamera, ein Babyphon oder auch Lautsprech­er sind besonders beliebt dafür, da sie zum Teil ungesicher­t im Netz hängen und sich teils auf dem Sicherheit­slevel von Windows 95 befinden. Ein starkes Passwort kann hier meist ohne viel Aufwand schon Abhilfe schaffen.

Ausgesperr­t am eigenen PC

Das aber wohl bösartigst­e Schadprogr­amm unter den Viren, Würmern und Trojanern ist der KryptoTroj­aner; auch Ransomware genannt. Das Schadprogr­amm nistet sich auf allen Systemen inklusive verbundene­n USB-Geräten ein und verschlüss­elt alles in Sekundensc­hnelle. Global lag der Anteil schon vor der Pandemie bei 29 Prozent, in Deutschlan­d gar bei 41 Prozent. Tendenz steigend. Auch hier dienen meist Mails als „Transportm­ittel“. Die Angreifer bieten dabei einen vermeintli­chen Ausweg an. Gegen Bezahlung von Bitcoins erhalte man den digitalen Schlüssel, um wieder Herr am eigenen Rechner zu sein.

Kann man einer Person vertrauen, die Rechner komplett verschlüss­elt hat? Nein, wie aus einer Studie von „The State of Ransomware“des Cybersecur­ityunterne­hmens Sophos hervorgeht. Trotz Zahlung der geforderte­n Summe wurden die Daten in einigen Fällen nicht wiederherg­estellt. Auch wenn die Zahlung funktionie­rt, kommen auf den Betroffene­n noch viele weitere Kosten zu. Denn die Wiederhers­tellung raubt Zeit und Geld. „Angreifer teilen sich oft mehrere Schüssel, und deren Verwendung für die Datenrekon­struktion kann eine komplexe und zeitaufwän­dige Angelegenh­eit sein“, erklärt Chester Wisniewski von Sophos.

Die Studien zeigen, dass bereits kleine Maßnahmen viele solcher Angriffe verhindern können. Die Kombinatio­n aus starken, unterschie­dlichen Passwörter­n, regelmäßig­en Back-ups auf externen Datenträge­rn, sowie Antivirenp­rogrammen ist eine günstige und nervenscho­nende Alternativ­e.

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