Wall Street: Die Zweifler werden mehr
Börsen. Die jüngsten Kursanstiege in den USA bereiten einigen Investoren große Sorge. Bewertungen werden angesichts der Unsicherheit als „verrückt“bezeichnet.
Wien. Nach der historischen Markterholung an den Börsen haben die Investoren-Legenden Stan Druckenmiller und David Tepper jüngst darauf hingewiesen, dass das Chance-Risiko-Verhältnis von Aktien das schlechteste seit Jahren ist. Druckenmiller bezeichnete eine V-förmige Erholung der Wirtschaft als eine „Wunschfantasie“. Tepper wiederum ist der Ansicht. dass Aktien, mit Ausnahme von 1999, die stärkste Überbewertung aufweisen, die er je gesehen habe.
Teppers Äußerungen stellen einen Wandel gegenüber Ende März dar, als er sagte, er „nasche“bei Aktien und kaufe Aktien von Unternehmen mit Fokus auf Technologie oder Krankenhäuser und Gesundheitswesen. Gegenüber CNBC sagte der Hedgefondsbetreiber, dass die Bewertungen für einzelne Aktien an der Technologiebörse Nasdaq „verrückt“seien.
Milliardär Leon Cooperman verwies in der Vorwoche auf ein E-Mail, das er Ende April geschrieben hatte. Darin prognostizierte er, dass die Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Pandemie zu höheren Steuern und mehr Regulierung führen werden. Er schätzte, dass der S&P 500 niedriger liegen sollte – irgendwo zwischen 2200 und 2800 Punkten. Demzufolge könnten die Aktienkurse um bis zu 22 Prozent fallen.
„Ich bin 77 Jahre alt und habe noch nie so viel Unsicherheit gesehen“, sagte Cooperman. „Dieser Zyklus unterscheidet sich von den anderen sieben Bärenmarktzyklen, die ich erlebt habe, weil dies der einzige ist, in dem wir einen weitgehenden Shutdown der Wirtschaft hatten, was ich als Fehler betrachte.“Cooperman warnte, dass das Risiko einer Depression umso größer sei, je länger die Wirtschaft geschlossen bleibt.
Reichen die Maßnahmen?
Immer mehr Vermögensverwalter an der Wall Street sind überzeugt, dass die jüngsten Kursanstiege nicht gerechtfertigt sind. Die Warnungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem viele Anleger befürchten, dass die Stützungsmaßnahmen der US-Notenbank Fed sowie die drei Billionen Dollar an fiskalpolitischen Impulsen möglicherweise nicht ausreichen, um die steigende Arbeitslosigkeit und eine Welle von Insolvenzen zu kompensieren. Fondsmanager wie Bill Miller, Paul Singer und Paul Tudor Jones äußerten jüngst ihre Zweifel.
Ein derartiger Pessimismus steht in krassem Gegensatz zum Optimismus, der den S&P-500-Index von seinem März-Tief um 26 Prozent nach oben getrieben hat. Die Mahner an der Wall Street haben bereits die Aufmerksamkeit von Präsident Donald Trump auf sich gezogen, der vor der Wiederwahl steht und seine Pläne für eine boomende Wirtschaft vom Coronavirus zerstört sieht. „Sie müssen immer daran denken, dass einige große Wetten dagegen abschließen und viel Geld verdienen, wenn sie (die Börse, Anm.) sinkt“, schrieb Trump. (Bloomberg/red.)