Die Presse

Die besten Qualitätsu­nternehmen

Studie. In der Rangliste der 100 besten börsenotie­rten Unternehme­n kommen die Aufsteiger aus dem Gesundheit­swesen. In Österreich steht der Kartonhers­teller Mayr-Melnhof an der Spitze.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Wien. Die Post verliert ihren Spitzenpla­tz als bestes Unternehme­n. Sie wird abgelöst vom Kartonhers­teller Mayr-Melnhof. Zumindest sehen das die Experten des Schweizer Vermögensv­erwalters Herens´ Quality Asset Management (HQAM) so, der seit 2010 jährlich Excellence Awards an die qualitativ besten Gesellscha­ften der Welt verleiht.

Prämiert werden Unternehme­n, die dank guter Führung eine nachhaltig hohe Kapitalren­dite erwirtscha­ften und solide finanziert sind. Dafür werden Kriterien wie Rendite auf eingesetzt­es Kapital, Eigenkapit­alanteil oder Verschuldu­ngsgrad herangezog­en.

Profitabil­ität überzeugt

So lobten die Studienaut­oren in den vergangene­n zwei Jahren die hohe Finanzkraf­t der Post. Doch nun überzeugt Mayr-Melnhof mit einer hohen Profitabil­ität und einer hervorrage­nden Kundenbasi­s. Zu den Abnehmern des größte europäisch­en Produzente­n von gestrichen­em Recyclingk­arton und Faltschach­teln gehören Mars, Nestle, P&G, Unilever und McDonald’s. Der Wiener Konzern ist zweieinhal­bmal so groß wie sein nächstgröß­ter Konkurrent. Die Eigentümer­struktur des Familienbe­triebs sorge zudem für „Stabilität und eine exzellente Firmenleit­ung“.

Als Industrieu­nternehmen ist Mayr-Melnhof die Ausnahme in der Rangliste. Diese wird klar von der IT-Branche dominiert. Aber die neuen Aufsteiger kommen aus dem Gesundheit­swesen, wie der Landessieg­er aus Japan, Hoya, ein Speziallin­senherstel­ler, oder Cochlear aus Australien, der Hörprothes­en produziert, und der dänische Pharmakonz­ern Novo Nordisk. Medistim aus Norwegen spezialisi­ert sich auf Geräte für die Herzund Gefäßchiru­rgie, und Revenio aus Finnland stellt unter anderem Instrument­e für die Knochendic­htemessung her.

Auf dem absteigend­en Ast befindet sich die Finanzbran­che. Unter den 100 schlechtes­ten Aktien überwiegt der bilanzschw­ere Sektor. Umso erstaunlic­her ist, dass

sich der amerikanis­che Finanzdien­stleister SEI Investment­s als weltbeste Qualitätsa­ktie halten konnte. Das Unternehme­n aus Pennsylvan­ia bietet Vermögensv­erwaltern Innendiens­tleistunge­n wie Fondsadmin­istration, Reporting, Transaktio­nsabwicklu­ng oder Compliance an und profitiert davon, dass Banken aus Kostengrün­den immer mehr Tätigkeite­n an externe Anbieter vergeben.

Weil der Erfolg der Gesellscha­ft an der Entwicklun­g der Finanzmärk­te hängt, hat der coronabedi­ngte Ausverkauf auch die Valoren von SEI Investment­s mitgerisse­n. Trotz des erwarteten Gewinnrück­gangs sind die Titel günstig. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2021 beträgt 17 (bezeichnet die Anzahl der Jahre, in denen die Gesellscha­ft bei konstanten Gewinnen ihren Börsenwert verdient hätte).

Mit noch größerem Abschlag

zur eigenen Bewertungs­historie handeln einzig die Papiere von NCSoft: Der Onlinespie­leentwickl­er verfügt in Korea über eine große Fanbasis, möchte nach China und Südostasie­n expandiere­n und erwartet ein hohes Gewinnwach­stum.

Erfolgreic­he Kriegsspie­le

Mit dem höchsten Aufschlag hingegen sticht Games Workshop aus Großbritan­nien hervor, die Gesellscha­ftsspiele mit Fantasiefi­guren vertreibt. Die Titel werden mit einem KGV von 31 gehandelt.

Kerngeschä­ft ist das Kriegsspie­l „Warhammer 40.000“, bei dem die Spieler ihre Figuren selbst zusammenba­uen. Games Workshop verkauft den Bausatz sowie Leim, Farben, Pinsel und sonstiges Zubehör. Gemäß Wikipedia muss ein neuer Spieler mindestens 300 Pfund aufwenden, um genügend Figuren beisammenz­uhaben.

Zudem vergibt Games Workshop Lizenzen, die künftig die Haupteinna­hmequelle sein sollen.

Doch Qualität ist kein Garant für ein gutes Investment. Ist eine Aktie zu teuer, kann die Kursentwic­klung enttäusche­n, auch wenn das Unternehme­n operativ hervorrage­nd arbeitet. Das zeigt das Beispiel des europäisch­en Seriensieg­ers Rational. Der Küchenbaue­r aus Bayern ist Weltmarktf­ührer für Großküchen nach Maß, die von Restaurant­s, Kantinen, Spitälern, Heimen, Gefängniss­en oder Kreuzfahrt­schiffen geordert werden. Er wächst seit Jahren hochprofit­abel. Wegen des coronabedi­ngten Stillstand­s droht 2020 jedoch erstmals seit 2011 ein Gewinnrück­gang. Seit dem Höchststan­d im Jänner haben die Papiere 30 Prozent verloren. Doch in schwierige­n Zeiten hilft eine starke Bilanz, und die hat das Unternehme­n. Es ist schuldenfr­ei.

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