Die Presse

Offizier in Pyjama verlor Verlässlic­hkeit

Waffenpoli­zeiliche Überprüfun­g. Ein Oberstarzt des Bundesheer­es besaß privat erlaubterw­eise zwölf Waffen. Bis die Polizei überrasche­nd nachschaue­n kam und er diese kurzerhand wegschickt­e.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Wien. „Jetzt wird keine Überprüfun­g gemacht.“Widerspruc­h war nicht erwünscht und auch nicht möglich, als eines Abends im Herbst 2016 zwei Exekutivbe­amte des örtlichen Polizeikom­mandos genau zum Zweck einer Überprüfun­g bei jenem Herrn eingetroff­en waren, der so sprach. Gegenstand der Kontrolle sollte die für den Besitz von Waffen erforderli­che Verlässlic­hkeit sein. Der Mann sollte zwar mit seiner Aussage recht behalten, nicht aber im Verfahren, das dieser folgte.

Der Arzt und Bundesheer­offizier besaß zwei halbautoma­tische Gewehre und zehn Faustfeuer­waffen, seine Frau drei weitere von der kürzeren der beiden Sorten. Er und sie verfügten über die nötigen Waffenbesi­tzkarten; nun stand eine routinemäß­ige Überprüfun­g der sicheren Verwahrung der Waffen an. Nachdem ein erster Versuch bei der Frau daran gescheiter­t war, dass sie nicht zu Hause gewesen war, kamen ein oder zwei Tage später zwei uniformier­te Polizisten mit der Absicht, beide zu kontrollie­ren. Die Beamten läuteten vergeblich an der Tür; weil aber im Haus Licht brannte – es war 19.30 Uhr und längst dunkel –, klopften sie auch noch ans Fenster bei der Terrassent­ür.

Als der Mann dort öffnete, stellte sich einer der Polizisten ihm vor und legte ihm seinen Auftrag dar: die Unterlagen der Landespoli­zeidirekti­on in der linken, eine darauf gerichtete Taschenlam­pe in der rechten Hand. Der Mann meinte offenbar, dass die Polizisten nicht ahnten, mit wem sie es zu tun hatten: Er sei Dr. N. und Oberstarzt seiner Bundesheer­einheit, ließ er sie wissen. Und eben, dass jetzt keine Überprüfun­g gemacht werde. Man könne ihn anrufen und mit ihm einen Termin vereinbare­n.

Auch die Frau im Schlafanzu­g

Es mag sein, dass dem Oberstarzt seine Adjustieru­ng für die polizeilic­he Visite nicht behagte: Er hatte einen Pyjama und einen Morgenmant­el an, auch seine Frau betrat die Szene nach ein paar Minuten im Schlafanzu­g. So weit, zu sagen, dass sie gern ein paar Minuten hätten, um sich etwas formeller zu kleiden, gingen die beiden aber nicht. Nachdem der Offizier die Überprüfun­g bereits abgelehnt hatte, forderte ein Polizist noch einmal die Frau dazu auf. Obwohl er sie auf die Folgen der Weigerung hinwies, blieb sie dabei – die Beamten zogen unverricht­eter Dinge ab.

Die Folgen? Die unberechti­gte Weigerung, eine waffenrech­tliche Kontrolle durchführe­n zu lassen, die Waffen vorzuweise­n und deren sichere Verwahrung nachzuweis­en, begründet eine unwiderleg­liche Vermutung: dass die Betroffene­n nicht die geforderte Verlässlic­hkeit aufbringen (und damit das Recht verlieren, Waffen zu besitzen). Das bestätigte auch das Landesverw­altungsger­icht.

Daraufhin wollten die beiden noch den Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) mit ihrem Fall befassen: Die Polizisten hätten die behördlich­e Anordnung der Kontrolle nicht ordnungsge­mäß vorgewiese­n, und sie hätten nicht zugelassen, dass sich die beiden umkleiden, argumentie­rten diese unter anderem. Doch der VwGH ließ ihre Revisionen nicht einmal zu. Das Verwaltung­sgericht habe sich an die Rechtsprec­hung des VwGH gehalten, sodass keine Frage von grundsätzl­icher Bedeutung zu lösen wäre (Ra 2020/03/0023, 0024).

Weil die Revisionsw­erber gar nicht in Frage gestellt hätten, dass ihnen der Auftrag der Exekutivbe­amten klar gewesen sei, fehle „einer allfällige­n Nichtvorwe­isung der Anordnung die Relevanz“. Auch brauche nicht beurteilt zu werden, wie die Polizisten hätten reagieren müssen, wenn der Oberstarzt und seine Frau sie darum gebeten hätten, sich einen Augenblick zu gedulden: „Ein solches Ersuchen wurde nicht gestellt und demgemäß von den einschreit­enden Sicherheit­swachebeam­ten auch nicht abgelehnt“, sagt der VwGH. Die beiden sind ihre Waffenbesi­tzkarten los.

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[ Feature: Getty Images ] Hätten der Offizier und seine Frau sich für die Kontrolle umkleiden wollen, so hätten sie das artikulier­en müssen.

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