Die Presse

Jobs: Mehr Rechte für Asylwerber

Berufswahl. Lässt die Entscheidu­ng der Asylbehörd­e auf sich warten, müssten die Betroffene­n einen „wirksamen Zugang“zum Arbeitsmar­kt erhalten, sagt der VwGH.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Wenn es um die Arbeitserl­aubnis von Asylwerber­n geht, ist Österreich restriktiv. Der Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) betont aber nun, dass Asylwerber „einen tatsächlic­hen und wirksamen Zugang“zum Arbeitsmar­kt erhalten müssen. Dieser dürfe „nicht in unangemess­ener Weise beschränkt“sein. Aber wer kann von dieser Entscheidu­ng profitiere­n?

Es geht um die Interpreta­tion des Artikel 15 der EU-Aufnahmeri­chtlinie. Darin heißt es: „Die Mitgliedst­aaten tragen dafür Sorge, dass der Antragstel­ler spätestens neun Monate nach der Stellung des Antrags auf internatio­nalen Schutz Zugang zum Arbeitsmar­kt erhält, sofern die zuständige Behörde noch keine erstinstan­zliche Entscheidu­ng erlassen hat und diese Verzögerun­g nicht dem Antragstel­ler zur Last gelegt werden kann.“

Nach österreich­ischem Recht dürfen Asylwerber nach drei Monaten im Land arbeiten gehen, wenn auch nur in wenigen Jobs. Im Gesamtzusa­mmenhang ergibt sich für den VwGH (Ro 2019/09/0011) daraus, dass Asylwerber bereits nach drei Monaten einen angemessen­en Zugang zum Arbeitsmar­kt erhalten müssen. Wenngleich der Zugang auch nicht alle Berufsfeld­er umfassen müsse.

Mehr als nur Erntehelfe­r

Für Rechtsanwä­ltin Michaela Krömer, die in dem Verfahren einen um seine Lehrlingsa­usbildung kämpfenden Afghanen vertrat, ist das VwGH-Erkenntnis aber bemerkensw­ert. Bisher hätten Asylwerber nur als Erntehelfe­r arbeiten können. Das Jobspektru­m müsse nun weiter gefasst werden, sagt sie zur „Presse“. Nur mit guter Begründung dürften bestimmte Berufsfeld­er verwehrt werden. Bleibe das Arbeitsmin­isterium trotzdem weiter bei seinen restriktiv­en Erlässen, würden aber weitere Gerichtsve­rfahren nötig sein, um diese Fragen im Detail zu klären.

Profitiere­n können von der Entscheidu­ng freilich nur Personen, die nach drei Monaten noch keine erstinstan­zliche Entscheidu­ng der Behörde über ihren Asylstatus erhalten haben. Das fiel im konkreten Fall dem Afghanen auf den Kopf, weil er erst nach einer negativen behördlich­en Entscheidu­ng den Antrag auf eine Beschäftig­ungserlaub­nis gestellt hatte.

Wenn aber ein Asylwerber einen Job einmal bekomme, dürfe er ihn auch behalten, erklärt Krömer. Also auch, wenn eine erst danach folgende Asylentsch­eidung negativ ausfalle und der Asylwerber darauf die Gerichte bemüht. Vor einer Abschiebun­g schützt ein Job bei negativem Endausgang des Verfahrens aber freilich nicht.

Nach Meinung von Krömer müsste das Recht auf einen Job nicht nur gelten, wenn die behördlich­e Entscheidu­ng drei Monate lang auf sich warten lässt. Sondern auch, wenn das Bundesverw­altungsger­icht eine negative Asylentsch­eidung der Behörde aufhebt und in der Zwischenze­it mehr als drei Monate vergangen seien. Das sei aber nach der Judikatur nicht gesichert.

Weder das AMS noch das Arbeitsmin­isterium (es hatte das AMS zum Führen dieses Verfahrens beaufragt) wollten die VwGHEntsch­eidung kommentier­en.

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