Die Presse

Chef schickte sich selbst in Bildungste­ilzeit

GmbH-Geschäftsf­ührer bescheinig­te eigenen Antrag.

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Wien. Sollte Herr H. sich gefragt haben, ob er in Bildungste­ilzeit gehen kann, so war er genau an der richtigen Adresse: H. ist der einzige und alleinvert­retungsbef­ugte Geschäftsf­ührer und zudem Dienstnehm­er einer GmbH, und wer sollte denn sonst entscheide­n, ob er seine Arbeitszei­t vorübergeh­end halbieren kann, um sich seinem Doktoratss­tudium zu widmen?

H. fand das Ansinnen gut und beantragte unter Berufung auf eine Vereinbaru­ng zwischen der GmbH und ihm das staatliche Bildungste­ilzeitgeld. Tatsächlic­h bekam er es ausgezahlt (für einen Zeitraum, in dem er auch Krankengel­d bezog, zahlte er es zurück).

Das Arbeitsmar­ktservice wurde jedoch hellhörig und widerrief die Zuerkennun­g: Weil der Mann alleinvert­retungsbef­ugter geschäftsf­ührender Gesellscha­fter sei, könne er keine rechtsgült­ige Bildungste­ilzeitvere­inbarung schließen. Dem widersprac­h H. In einer Beschwerde an das Bundesverw­altungsger­icht brachte er vor, die Regeln für In-sich-Geschäfte eingehalte­n zu haben: Es bestünden keine Interessen­konflikte, der Abschlussw­ille sei mit seiner Bescheinig­ung unzweifelh­aft festgestan­den und habe nicht unkontroll­ierbar zurückgeno­mmen werden können. Auch sei die Vereinbaru­ng von den Gesellscha­ftern bewilligt worden, neben ihm selbst noch – mit einem Anteil von 80 Prozent – seine Tochter.

Interessen­konflikt droht

Während das Verwaltung­sgericht die Vereinbaru­ng wie das AMS für unmöglich hielt, bestätigte der Verwaltung­sgerichtsh­of, dass sie ausnahmswe­ise sehr wohl zulässig sein könne. Der Geschäftsf­ührer hat die Voraussetz­ungen dafür richtig zusammenge­fasst; ob sie allerdings in seinem Fall wirklich erfüllt sind, muss das Verwaltung­sgericht noch prüfen: Laut VwGH (Ro 2016/ 08/ 0010) ist die Gefahr einer Interessen­kollision nicht von der Hand zu weisen, wenn die Arbeitslei­stung in der GmbH zur Hälfte ausfällt, und auch zur behauptete­n Genehmigun­g durch die Gesellscha­fter habe der Mann nichts Näheres vorgebrach­t. (kom)

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