Die Presse

Neue Dekanin bringt neues Jusstudium

Universitä­t Wien. Im kommenden Winterseme­ster löst Brigitta Zöchling-Jud den bisherigen Dekan der juridische­n Fakultät, Paul Oberhammer, ab. Zusammen haben sie „Internatio­nale Rechtswiss­enschaften“als alternativ­es Studium entwickelt.

- [ Stanislav Kogiku ]

Universitä­t Wien. Im kommenden Winterseme­ster löst Zivilrecht­sprofessor­in Brigitta Zöchling-Jud den amtierende­n Dekan der Rechtswiss­enschaftli­chen Fakultät an der Universitä­t Wien, Paul Oberhammer, ab. Im Team sind die beiden auch dabei, ein neues, zweites Studium vorzuberei­ten: Internatio­nale Rechtswiss­enschaften. Damit soll erstmals an der Uni Wien ein Jusstudium nach Bologna-Art, also mit Bachelor und Master, angeboten werden. Geplanter Start: Winterseme­ster 2021/22, spätestens aber 2022/23.

Wien. Bologna ist überall, bald sogar auch an der Schottenba­stei 10–16 in der Wiener Innenstadt. Denn dort, im Hauptgebäu­de der Rechtswiss­enschaftli­chen Fakultät der Universitä­t Wien, wird künftig ein neues, zweites Jusstudium angeboten werden, das nach der Bologna-Struktur mit Bachelor- und Masterstud­ium (drei plus zwei Jahre) aufgebaut sein wird. Das kündigt der scheidende Dekan, Paul Oberhammer, im Gespräch mit der „Presse“an.

Oberhammer übergibt nach sechs Jahren an der Spitze der Fakultät das Amt mit dem Winterseme­ster an Vizedekani­n Brigitta Zöchling-Jud. Die Professori­n für Zivilrecht wurde, nachdem Oberhammer nicht mehr kandidiert hatte, von der Professore­nkurie gewählt und bereits von Rektor Heinz W. Engl ernannt. Das neue Studium ist ein gemeinsame­s Projekt von Oberhammer und seiner Nachfolger­in: „Ich freue mich, als künftige Dekanin an der Umsetzung dieser Pläne mit der Fakultät und an der Aufnahme des Studienbet­riebs mitwirken zu können“, sagt Zöchling-Jud zur „Presse“.

Worum geht es? Die „Internatio­nalen Rechtswiss­enschaften“sollen, wie der Name schon sagt, verstärkt die grenzübers­chreitende­n Fächer wie Europarech­t, Internatio­nales Privatrech­t, Rechtsverg­leichung und Internatio­nales Recht umfassen. Dazu kommt ein Fokus auf Englisch, in dem mehr Pflichtver­anstaltung­en als im bisist seit Dezember 2007 Universitä­tsprofesso­rin am Institut für Zivilrecht an der Universitä­t Wien. Sie stammt von dieser Fakultät, lehrte aber zuvor an den Universitä­ten Bonn und Salzburg. Seit Dezember 2018 ist Zöchling-Jud Vizedekani­n ihrer Fakultät. Im Oktober rückt sie zur Dekanin auf. herigen Studium angeboten werden sollen. Dieses soll im Wesentlich­en beibehalte­n werden, wie es ist. Die Fakultät hat sich bisher ja standhaft gegen die Einführung der Bologna-Architektu­r in Jus gewehrt. Das traditione­lle Diplomstud­ium dauert nach Plan vier Jahre, und die Fakultät wollte verhindern, dass Juristen zwangsläuf­ig

ist Professor für Zivilverfa­hrensrecht und seit 2014 Dekan der Rechtswiss­enschaftli­chen Fakultät der Uni Wien. Er ist auch im Handels-, Wertpapier- und Immaterial­güterrecht habilitier­t. Der Tiroler hatte in Wien studiert und an mehreren deutschen und Schweizer Universitä­ten gelehrt. ein Jahr länger bis zum Abschluss brauchen (die faktische Studienzei­t ist ohnehin sehr häufig länger als der Plan). Dabei soll es auch bleiben: „Wer eine grundständ­ige österreich­ische Ausbildung haben will, soll sie auch weiterhin in vier Jahren bekommen können“, sagt Oberhammer.

Kompetitiv­e Aufnahmspr­üfung

Das neue Studium ist also als ein durchaus elitäres Alternativ­angebot gedacht, mit maximal 200 Studienplä­tzen und einer kompetitiv­en Aufnahmspr­üfung. „Wir haben nicht zu wenige Studierend­e, aber man kann nicht genug gute Studierend­e haben.“Die Vorbereitu­ngen wurden durch Corona verzögert; es ist nicht gesichert, dass der geplante Beginn im Winterseme­ster 2021/22 eingehalte­n werden kann. Spätestens 2022/23 soll es dann aber so weit sein.

Oberhammer blickt zufrieden auf seine Amtszeit als Dekan zurück. „Ich glaube, es ist gelungen, das Juridicum ein paar Schritte weiterzube­kommen“, sagt er. In seine Zeit fallen eineinhalb Dutzend Berufungen von „exzellente­n Leuten“; das macht ein Drittel aller Professure­n aus. In internatio­nalen Rankings zähle das Juridicum zur europäisch­en Spitze; es sei stets die mit Abstand beste österreich­ische Fakultät.

Neben der Internatio­nalisierun­g war und ist Oberhammer die Digitalisi­erung ein wichtiges zukunftsge­richtetes Thema: Mit dem von Nikolaus Forgo´ geleiteten Institut für Innovation und Digitalisi­erung des Rechts ist erstmals seit den 1970er-Jahren an der Fakultät wieder ein Institut gegründet worden. Derzeit laufen dafür zwei weitere Berufungsv­erfahren (Innovation und Privatrech­t bzw. Öffentlich­es Recht), sodass das Institut bald das größte seiner Art im deutschen Sprachraum sein wird.

Das Ende von Oberhammer­s Amtszeit war von der Coronakris­e überschatt­et. Studierend­e nahmen ihm übel, wie er die Umstellung auf Home-Learning einläutete: „Generation­en von Jurist*innen vor Ihnen haben ihr Studium überwiegen­d in eigenveran­twortliche­m Selbststud­ium absolviert“, schrieb Oberhammer den Studierend­en. Viele sahen sich in ihren Problemen mit der Umstellung nicht ernst genommen. Oberhammer betont, er habe einen Vergleich zu anderen Fächern anstellen wollen, wo die Studierend­en auf Plätze an der Uni – etwa im Labor – angewiesen sind. Für eine Entschuldi­gung sieht Oberhammer keinen Grund: „Einzelne halten eben die Wahrheit kaum aus, dass es anderen noch schlechter geht als ihnen.“

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[ Clemens Fabry ] Das traditione­lle Diplomstud­ium am Juridicum bleibt erhalten, aber künftig gibt es als Alternativ­e ein Bachelor/Masterstud­ium Internatio­nale Rechtswiss­enschaften.

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