Die alte Matura kommt nicht wieder
Für den „CoronaJahrgang“startet heute die Reifeprüfung. Diesmal gelten andere Regeln. Eine davon wird bleiben: Die Noten der Abschlussklasse sollen auch künftig eine Rolle spielen.
Wien. Der „Corona-Jahrgang“musste zittern. Zuerst war nicht klar, ob die Matura in Virusszeiten überhaupt stattfinden wird, dann wurde sie mehrmals verschoben. Nun kann sie mit dreiwöchiger Verspätung starten. Ab heute, Montag, werden die rund 40.500 Maturanten ihre schriftlichen Prüfungen ablegen. Vieles wird dabei anders ablaufen. Eine der wesentlichsten Neuerungen liegt in der Form der Benotung. Und genau die soll auch in Zukunft bleiben. Damit wird sich die Matura grundlegend verändern.
Bisher war sie eine punktuelle Prüfung. Im „Corona-Jahrgang“ist sie das nicht mehr. In die Beurteilung werden nämlich die davor erbrachten schulischen Leistungen miteinbezogen. Die Maturanote setzt sich heuer jeweils zur Hälfte aus der Note im Abschlusszeugnis der letzten Klasse und der Prüfungsnote zusammen. Diese Praxis sei international durchaus üblich. „Wir nützen die Gunst der Zeit, um hier gleichzuziehen“, sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), als er im April dieses Sonderformat präsentierte. Schon damals hat er eine gewisse Sympathie dafür erkennen lassen. Nun verleiht er seinem Wunsch, hier eine dauerhafte Änderung vorzunehmen, Nachdruck: „Ich will diese Regelung behalten“, sagt er zur „Presse“.
Immerhin gehe es bei der Matura um ein Zertifikat, das die Reife einer Person beurkunden sollte, und nicht darum, ein punktuelles Ereignis zu dokumentieren. Insofern sei die gemeinsame Bewertung der Abschlussnote der achten (AHS) bzw. fünften (BHS) Klasse und der Maturaleistung „logisch“und „sinnvoll“. Hier könne die „Maturität besser zum Ausdruck gebracht“werden. Der Minister plant, dieses Prinzip ins Regelschulsystem zu übernehmen. Zuerst wolle er aber die Erfahrungen im diesjährigen Jahrgang abwarten, und dann liege die Entscheidung beim Parlament.
Den Koalitionspartner hat Heinz Faßmann schon auf seiner Seite, der türkise Minister läuft bei den Grünen offene Türen ein: „Wir freuen uns über alle Maßnahmen, die den punktuellen Druck von Prüfungen wegnehmen. Deshalb unterstützen wir das natürlich“, sagt Sibylle Hamann zur „Presse“.
Noch vor der Prüfung bestanden
In welchem Umfang die Zeugnisnote künftig einfließen sollte, ist noch unklar, so weit ist die Planung noch nicht fortgeschritten. Lediglich die Rahmenbedingungen für den „Corona-Jahrgang“stehen fest. Hier hat man sich für eine 50:50-Gewichtung zwischen Zeugnis- und Klausurnote entschieden. (Die 70:30-Variante wurde verworfen.) Ein Einser im Abschlusszeugnis und ein Dreier auf die Prüfung ergeben beispielsweise einen Zweier. Wenn ein Schüler genau zwischen zwei Noten steht, zählt die Klausurnote stärker. Aus einem Zweier im Zeugnis und einem Dreier bei der Prüfung wird also schlussendlich ein Dreier.
Durch diese Form der Benotung haben viele Schüler die Matura bereits geschafft, bevor sie wirklich begonnen hat. Denn all jene, die in den Fächern, in denen sie maturieren, einen Einser, Zweier oder Dreier stehen haben, können es gar nicht mehr verpatzen und müssen nicht einmal zur Kompensationsprüfung antreten. Sie haben automatisch bestanden. Den Bildungsminister stört das nicht. „Meine Matura im Jahr 1974 hat auch so funktioniert. Ich bin dennoch gut vorbereitet und mit großem Ehrgeiz in die Matura hineingegangen“, so Faßmann.
Tatsächlich war die Miteinbeziehung der Jahresleistung jahrzehntelange Praxis. Erst mit der Reifeprüfungsverordnung 1990 wurde das geändert.
Nur heuer keine mündliche Prüfung
Jene rund 40.500 Kandidaten, die in dieser (und teilweise auch in der nächsten) Woche ihre schriftlichen Prüfungen ablegen, treffen aber auch viele andere Regeln. Ihre vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) bzw. Diplomarbeit mussten sie nicht präsentieren. Für die Klausur wird ihnen mehr Zeit gegeben. Und die schriftliche Prüfung muss diesmal höchstens in drei Fächern abgelegt werden.
Am außergewöhnlichsten ist der Entfall der mündlichen Matura. Sie wurde prinzipiell gestrichen, kann aber freiwillig gemacht werden. Wie viele Kandidaten sich dafür entscheiden, ist noch offen, denn das muss erst spätestens heute bekannt gegeben werden. Vermutlich verzichten viele darauf. In diesen Fächern werden sie dann automatisch die Note der Abschlussklasse (bzw. die Kombinationsnote) bekommen.
Im nächsten Jahr will sich der Bildungsminister von diesen Sonderregeln aber wieder verabschieden.