Es wird einsam um Donald Trump
USA. Eingebunkert und verbarrikadiert im Weißen Haus: So fühlt sich der Präsident am Tiefpunkt. Es bleibt der innerste Kreis um Ivanka. Im Senat revoltieren die Kritiker aus den eigenen Reihen.
Wien/Washington. Im Weißen Haus ist es einsam geworden um den Präsidenten. Dutzende enge Mitarbeiter hat Donald Trump bereits entlassen, und er hält inzwischen bei seinem vierten Stabschef und dem vierten Verteidigungsminister. So groß war die Fluktuation im Machtzentrum der USA noch nie.
Mehr denn je vertraut der Präsident auf seinen inneren Zirkel: auf den loyalen Stabschef Mark Meadows, auf die zurückberufene Kommunikationschefin Hope Hicks, die er wie ein Mitglied des Trump-Clans behandelt, und auf seine Tochter Ivanka sowie Schwiegersohn Jared Kushner.
Trump fehlen jetzt die Berater, die nicht nur Jasager sind; Leute, die es wagen, ihm unbequeme Wahrheiten ins Gesicht zu sagen. Er hört insbesondere auf zwei FoxNews-Moderatoren: Tucker Carlson und Sean Hannity. In der Regierung mangelt es nicht nur an Frauen, sondern vor allem an hochrangigen afroamerikanischen Mitgliedern: Von Wohnbauminister Ben Carson, einem renommierten Neurochirurgen, ist nichts zu sehen und nichts zu hören.
Gespür für gesellschaftspolitische Themen lässt sich Ivanka Trump indessen nicht absprechen. Sie und ihr Mann waren gegen einen Armee-Einsatz, wie ihn der Präsident am Montag verkündet hat, ehe er ihn nach massivem Widerstand aus dem Pentagon zurücknahm. Trumps Lieblingstochter war freilich zumindest mitverantwortlich für die verunglückte Bibelaktion, die ihn nach einer neuen Umfrage auch Zustimmung bei einer treuen Wählergruppe gekostet hat – den Evangelikalen.
Verteidigungsminister Mark Esper distanzierte sich von Trump und behauptete, nichts von der umstrittenen Bibelgeste vor der St. Johns Episcopal Church gewusst zu haben, zu der er ihn begleitet hatte. Der Präsident hatte dort Meadows und Justizminister William Barr um sich geschart. Die bibelfesten Evangelikalen seines Kabinetts fielen derweil durch Abwesenheit bei der PR-Show auf: Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo, der für jede Gelegenheit ein Bibelzitat parat hat.
Aus der gemeinsamen Studienzeit an der Militärakademie West Point verbindet Pompeo eine enge Beziehung zu Esper. Pompeo stand bis vor Kurzem indes ganz hoch im Kurs Trumps. Zuletzt wollte der Präsident seinen wichtigsten Minister von einer Kandidatur als Senator in dessen Wahlheimat Kansas überzeugen – ebenso übrigens wie Senatsführer Mitch McConnell.
Angst vor Debakel im Senat
Die Republikaner fürchten ein Debakel bei der Senatswahl im November. Sie haben 23 von 35 Senatssitzen zu verteidigen, und viele stehen auf dem Spiel – wie in Arizona und Montana, wo Ex-Astronaut Mark Kelly und ein Ex-Gouverneur gegen schwache republikanische Amtsinhaber antreten.
Darum ist die Unruhe hinter den Kulissen am Kapitol groß. Noch stehen viele „Parteisoldaten“wie McConnell oder sein Adjutant Kevin McCarthy zu Trump – es bleibt ihnen fünf Monate vor der Wahl wohl nichts anderes übrig.
Im Senat revoltieren die obligaten Trump-Kritiker in den republikanischen Reihen um Mitt Romney. Der Ex-Präsidentschaftskandidat und Senator aus dem Mormonen-Staat Utah, pflegt eine herzliche Abneigung gegen Trump. Im März stimmte er als einziger Republikaner für ein Impeachment.
Auch Lisa Murkowski hatte dies erwogen. Wie Romney und Ben Sasse äußerte die Senatorin aus Alaska ihren Unmut über Trumps Krisenmanagement. Sie teilt die harsche Kritik des Ex-Generals und Ex-Petagonchefs James Mattis, und sie ist im Dilemma, ob sie Trump am 3. November überhaupt wählen soll.
Zu Pfingsten sah sich der Präsident eingebunkert und verbarrikadiert im Weißen Haus, weshalb er einen Befreiungsschlag versuchte. So rasch als möglich möchte er durch das Land touren und Großkundgebungen abhalten, um seine Anhänger zu mobilisieren und eine positive Dynamik für seinen Wahlkampf zu gewinnen. In Washington fühlt er sich eingekesselt – umso mehr, als am 28. August ein Marsch auf die Hauptstadt geplant ist, wie zur Ära Martin Luther Kings 1963.
Er fällt zusammen mit dem krönenden Abschluss des republikanischen Jubelparteitags, den es aber erst zu organisieren gilt. Denn Charlotte wollte nur einen abgespeckten Parteikonvent zulassen, was für Trump nicht infrage kam. Nun sucht er hektisch einen Ersatzort. Aufheiterung verheißt vorerst nur der Arbeitsmarkt, wo es nach einem Tiefpunkt nach oben geht.