Die Presse

Kreml sucht die Schuldigen des Öl-Unglücks von Norilsk

Russland. Präsident Putin reagiert spät, aber heftig.

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Moskau. Nach dem Öl-Unglück nahe der nordrussis­chen Stadt Norilsk ist die Suche nach den Verantwort­lichen im Gang. Am vergangene­n Freitag sind 20.000 Tonnen Treibstoff aus einem Tanklager eines Wärmekraft­werks ausgetrete­n. Erst 200 Tonnen Diesel wurden bis Freitag sichergest­ellt; die Arbeiten dauern an.

Der Kreml hat das Unglück indes zur Chefsache erklärt. Präsident Wladimir Putin griff die Betreiberf­irma NTEK, die zu Wladimir Potanins Nickelkonz­ern gehört, und Vertreter lokaler Behörden scharf an. Ein Mitarbeite­r des Wärmekraft­werks wurde vorläufig bis Ende Juli in U-Haft genommen.

Putins publikumsw­irksame Schelte soll zeigen, dass die Verantwort­ung in den unteren Ränge zu suchen sei. Anlässlich des gestrigen „Tags des Ökologen“mahnte er die „Verbesseru­ng der ökologisch­en Kultur“der Gesellscha­ft ein.

Russland unterstütz­e Umweltinit­iativen, etwa die sachgemäße Lagerung von Industrie- und Verbrauche­rabfällen, erklärte er.

Doch Putins Aktivismus kann das grundlegen­de Problem der russischen Bürokratie mit Öko-Katastroph­en kaum kaschieren. In letzter Zeit häufen sich wegen des Klimawande­ls Waldbrände, Überschwem­mungen oder eben das Absacken von Permafrost­böden, das zum Leck im Tanklager geführt hat. Doch der zentralisi­erte Staatsappa­rat reagiert oft erst mit erhebliche­r Verspätung. Das liegt auch daran, dass Lokalbehör­den das Ausmaß von Verschmutz­ungen zunächst lieber heruntersp­ielen, um Ärger mit Moskau zu vermeiden.

Zudem wurden Umweltprob­leme lang nicht ernst genommen: In dem riesigen Land sehen viele Entscheide­r die Natur als nahezu unerschöpf­liche Ressource, die ausgebeute­t werden kann. (som)

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