Mit Abstand zusammengeruckt
Angesichts von Corona setzt Dieter Elsler im Kolin auf Kooperationen mit Freunden und Nachbarn. Die wirtschaftliche Lage bleibt freilich prekär.
in bisschen ärgert sich Dieter Elsler schon, wenn er hört, dass es manche Lokale mit den Coronaregeln lockerer nehmen. „Wir ver
suchen uns an die Regeln zu halten“, sagt der Chef des Kolin in Wien-Alsergrund. Auch mit kreativen Ideen: Im Lokal stehen große Porträts der Mitarbeiter – mit und ohne Maske. Ein Teil der Getränkekarte findet sich auf den T-Shirts der Kellner.
Und auch für die geforderten Abstände hat sich Elsler etwas einfallen lassen. Jene Tische, an denen derzeit niemand sitzen soll, sind schon besetzt: von Schaufensterpuppen im Trachtenkleid. „Als klar war, dass wir am 15. Mai wieder aufsperren dürfen, wusste ich auf die Schnelle nicht, wo ich die überzähligen Tische lagern sollte“, sagt Elsler. Zuerst dachte er an Pappfiguren – bis ihm dann plötzlich die Idee mit den Schaufensterpuppen in den Sinn kam. Freilich nicht irgendwelche, sondern welche, die Constanze Kurz mit ihrer Hanna Trachten Manufaktur einkleiden sollte. „Ich habe mir gedacht, es wäre nett, wenn man gleichzeitig Unternehmer unterstützt, die es jetzt auch nicht leicht haben.“
Der Designerin hatte Elsler während des Lockdowns schon dabei geholfen, die Gesichtsmasken zu vertreiben, die sie aus trachtigen Vintagestoffen produzierte. Für Kurz eine Möglichkeit, die Zeit ohne Kleiderverkauf zumindest etwas abzufangen. „Corona war für uns eine Katastrophe“, sagt sie. Mit der Absage diverser Feste und Feierlichkeiten wird sich das in absehbarer Zeit nicht wirklich entspannen.
Im Kolin hat sie nun zumindest eine Art Showroom, wo sie auf zehn Puppen verschiedenste Kleider ihrer aktuellen Kollektion präsentiert. Die Stoßrichtung der Designs: Dass Trachtenmode viel mehr sein kann als ein traditionelles Dirndl. „Das kann auch ein Sommerkleid sein oder zu Streetwear kombiniert werden“, sagt Kurz, die selbst zum Blumenrock schwarzes Shirt und grünen Leinenblazer trägt.
Man rückt zusammen
Kooperation sieht Elsler immerhin als einen positiven Nebeneffekt von Corona. „Das ist das Schönste an der Krise, das Zusammenrücken.“Mit Kurz wollte er ohnehin schon länger etwas machen – ihre Kleider passen gewissermaßen zum Regionalen und zu den Wildprodukten, die das Kolin forciert (auf Vorbestellung kann man hier immer noch Wildfleisch kaufen). Und im Zuge von Corona hat sich auch mit dem Nachbarn etwas ergeben, der das Nachtlokal K7 nebenan betreibt.
Während seiner angepassten Öffnungszeiten ab dem Nachmittag kann er unter dem Motto „Essen aus Nachbars Garten“auch Essen aus dem Kolin anbieten und so das Geschäft ankurbeln. Ursprünglich war das auch als Notlösung für die fehlenden Tische im Kolin gedacht – angesichts derer sich Elsler fragte, wie sich das ausgehen sollte mit dem Gästeansturm, der vor der Öffnung prophezeit wurde.
Dass der bei Weitem nicht so gewaltig ausfiel, wie von manchen vorausgesagt, daran knabbern Gastronomen wie Elsler nach wie vor. „Es läuft immer noch sehr schleppend“, sagt der Kolin-Chef. Am Schwierigsten sei, dass er keine Chance sehe, mehr Geschäft zu machen. „Ich kann kein Geschäft aufholen, und wir gehen jetzt quasi direkt in das Sommerloch.“Die wirtschaftliche Lage bleibt prekär.
Was allerdings auch bleibt, ist die Überlegung, weiterhin zusammenzuarbeiten. „Ich kann mir gut vorstellen, mit dem Nachbarn eine Kooperation beizubehalten“, sagt Elsler. Und auch mit Kurz könnte man noch weiter denken. „Du könntest dein Take-Away Essen im Grätzel mit meiner Vespa ausführen“, scherzt sie. Elsler: „Sobald ich mir dafür wieder einen Mitarbeiter leisten kann, mach ich das.“