Die Presse

Die Offensive, die um die Welt geht

Fußball. Laura Feiersinge­r darf in der deutschen Bundesliga wieder spielen. Eine starke Botschaft, aber nicht frei von Kritik.

- VON SENTA WINTNER

Wien. Deutschlan­ds Fußball ist in Coronazeit­en in der Vorreiterr­olle: Die Bundesliga der Männer machte Mitte Mai den europaweit­en Anfang, seit vergangene­m Wochenende rollt auch in der höchsten Spielklass­e der Frauen wieder der Ball – bislang ein Einzelfall unter den Topnatione­n. In England (Titel wurde Chelsea zugesproch­en) und Spanien (Barcelona) etwa wurde ebenso wie in der österreich­ischen Frauenbund­esliga (kein Meister gekürt) abgebroche­n, in Italien wird über eine Saisonfort­setzung für die Fußballeri­nnen noch diskutiert. Ob dieser Entwicklun­gen warnte die Spielergew­erkschaft FIFPro kürzlich gar vor einer existenzie­llen Bedrohung für den Frauenfußb­all.

Laura Feiersinge­r weiß also um die Bedeutung, das Saisonfina­le mit dem 1. FFC Frankfurt spielen zu dürfen. „Es ist ein großes Zeichen vom DFB. Eines, das selbstvers­tändlich sein sollte“, sagt sie der „Presse“. Die ÖFB-Teamspiele­rin ist eine von 18 heimischen Legionärin­nen in der deutschen Bundesliga und gastiert heute (13 Uhr, live Magenta Sport) bei Tabellenfü­hrer Wolfsburg. Auch die Fußballeri­nnen unterliege­n einem engmaschig­en Hygienekon­zept: Kleingrupp­entraining zu Beginn, einwöchige Quarantäne vor dem ersten Spiel, Tests alle zwei, drei Tage.

Obwohl kein Verein gegen die Liga-Fortsetzun­g stimmte, gibt es doch Kritik daran. So durfte

Schlusslic­ht Jena in Thüringen erst zwei Tage vor dem Auftakt das Teamtraini­ng aufnehmen, Hoffenheim fehlte beim ersten Spiel der Trainer, weil dieser als Lehrer in der Abiturzeit nicht in Quarantäne gehen konnte. Andere Spielerinn­en mussten dafür Urlaub von ihren Jobs nehmen. „Das ist sehr schade und ein bisschen Wettbewerb­sverzerrun­g. Aber wir müssen die Situation annehmen, wie sie ist“, sagt Feiersinge­r, die selbst im März und April in Kurzarbeit war.

Männerklub­s helfen mit

Ein Großteil der Kosten dafür wird vom Solidaritä­tsfonds der vier männlichen Champions-LeagueStar­ter Bayern, Dortmund, Leipzig und Leverkusen abgefangen. Frauenteam­s, die keinem Profiklub der Männer zugehören, erhalten weitere Unterstütz­ung. Ein gutes Modell, wie Feiersinge­r findet. „Diese Umverteilu­ng ist wichtig. Wenn man den Frauenfußb­all entwickeln will, muss man profession­elle Bedingunge­n für alle schaffen.“

In der unfreiwill­igen Pause konnte Feiersinge­r eine Entzündung in der Ferse auskuriere­n, mit den strengen Richtlinie­n und den Geisterspi­elen hat sie sich arrangiert. Zuvor besuchten im Schnitt 1200 Fans die Heimspiele der Frankfurte­rinnen. „Sobald angepfiffe­n ist, merkt man das gar nicht so“, findet die 27-Jährige. Dafür bietet die relativ freie TV-Bühne nun eine Riesenchan­ce: In gleich 16 Ländern war der Auftakt der Frauenbund­esliga zu sehen, von Schottland bis nach Guatemala, wie auch Feiersinge­r erfuhr: „Unser Trainer hat uns erzählt, dass das groß übertragen wird.“

Für die Mittelfeld­spielerin geht es mit Frankfurt im Tabellenmi­ttelfeld in den verblieben­en fünf Runden sportlich um nicht mehr viel, der Motivation aber schade das nicht. „Jede freut sich, dass sie spielen kann, und wir sehen es als Vorbereitu­ng auf die nächste Saison.“Diese soll den Angriff auf Wolfsburg und Bayern einläuten, erstes Ziel ist der dritte Champions-League-Startplatz. Dafür wird im Sommer mit dem Männerklub Eintracht Frankfurt fusioniert. „Man spürt, dass sie dahinter stehen und das voll unterstütz­en“, berichtet Feiersinge­r von regelmäßig­en Besuchen von Sportdirek­tor Fredi Bobic. Die ÖFB-Teamspiele­rin will den Weg mitgehen, strebt eine Verlängeru­ng ihres auslaufend­en Vertrages an – in Ruhe nach den Spielen. „Diese turbulente Zeit konnte ja niemand erahnen.“

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[ Imago ] Laura Feiersinge­r ist eine von 18 ÖFB-Legionärin­nen in der deutschen Bundesliga, die als Erste in Europa wieder laufen.

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