Republik muss sich Milliarden holen
Noch nie war der Finanzierungsbedarf Österreichs so groß wie in diesem Jahr. Auch andere Staaten bessern derzeit nach. Angst, keine Investoren zu finden, hat man nicht.
Wien. Die Coronakrise lässt nicht nur das Budgetdefizit Österreichs ordentlich anschwellen. Sondern auch den Schuldenstand der Republik. Um ihre Hilfsmaßnahmen finanzieren zu können, muss sich das Land in diesem Jahr deshalb deutlich mehr Geld auf dem Kapitalmarkt besorgen als ursprünglich gedacht.
Statt über 30 Mrd. Euro wird sich das Finanzierungsvolumen nun auf rund 60 Mrd. Euro belaufen. Mindestens 35 Mrd. Euro davon werden über Staatsanleihen abgedeckt, der Rest über andere Finanzierungsinstrumente. Das gab die für das Schuldenmanagement der Republik verantwortliche Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) am Freitag bekannt. Das Finanzierungsvolumen wird damit um rund 85 Prozent ausgeweitet, sagt OeBFA-Chef Markus Stix zur „Presse“. Im Vergleich zu anderen Staaten ist das aber gering: In Deutschland steigt der Bedarf um 150 Prozent, in den Niederlanden gar um 200 Prozent. Schon in den vergangenen Wochen hat Österreich damit begonnen, mehr Geld einzusammeln.
Die Zentralbank hilft
Auch wenn andere Staaten ob ihrer Krisenpläne – Deutschland stellte diese Woche ein 130 Mrd. Euro schweres Konjunkturprogramm vor – größere Volumina anmelden müssen, ist auch die Situation für Österreichs Schuldenmanager nicht alltäglich: Denn: „Es ist das größte Volumen, das wir jemals zu finanzieren hatten“, sagt Stix. Doch hat sich das System über die Jahre eingespielt. Wer freilich hilft: die Europäische Zentralbank (EZB). „Nach der Pleite von Lehman Brothers gab es noch kein Kaufprogramm der EZB. Das war damals eine ganz andere Situation.“
Die Notenbanker in Frankfurt haben erst im März 2015 mit dem großflächigen Ankauf von Staatsanleihen begonnen. In der Coronakrise springen sie nun wieder ein. Erst am Donnerstag verkündete die EZB, ihr Hilfspaket um beachtliche 600 Mrd. Euro auf 1,35 Billionen Euro zu erhöhen. Damit drückt sie als bedeutender Käufer auf dem Markt nicht nur die Zinsen der Peripheriestaaten nach unten, sondern auch die aller anderen Mitglieder der Eurozone. Das führt zu geringeren Finanzierungskosten, weshalb die Schuldentilgung erträglicher wird.
Obwohl nun allerorts verstärkt der Kapitalmarkt angezapft wird, sieht sich Österreich gut gerüstet, in diesem Jahr ausreichend Abnehmer zu finden. „Wir sehen keine Konkurrenz“, sagt Stix.
Die Republik betrachtet sich als ausgezeichneten Schuldner, die Situation rund um die Ausbreitung von Covid-19 hat man laut Investorenpräsentation ebenfalls gut im Griff.
Zuletzt hohe Nachfrage
Zuletzt war die Nachfrage nach heimischen Staatsanleihen weiter hoch: Die Papiere Österreichs sind im Schnitt dreifach überzeichnet (Bid-to-cover-Ratio) und damit so stark wie bei keinem anderen Mitglied der Eurozone, sagt Stix.
Am Dienstag konnte Österreich beispielsweise zwei Anleihen mit einer Laufzeit von drei und zehn Jahren aufstocken. Der überwiegende Teil der Papiere ging an ausländische Investoren, die auch bereit waren, negative Renditen in Kauf zu nehmen. Im vergangenen Jahr erfolgte die Schuldenaufnahme der Republik übrigens erstmals zu einem Zinssatz von durchschnittlich minus 0,12 Prozent.
Der Chef der Bundesfinanzierungsagentur geht davon aus, dass das Zinsniveau auch weiterhin niedrig bleiben wird, derzeit befinde man sich auf dem Niveau vom Jahresbeginn. „Man muss aber abwarten, wie sich die Wirtschaft entwickelt.“