Sichtbar hinter der Kamera
Frauen als „Eine eigene Geschichte“– und ein genauer Blick auf lange Übersehene(s) in Österreich.
Wie heißt es denn nun eigentlich richtig? RegisseurInnen, Regisseur*innen oder gar ganz einfach: Regisseurinnen? Wozu das ganze pseudokorrekte sprachliche Geplänkel, wenn diejenigen, die im Mittelpunkt stehen sollen, realiter so lange unsichtbar geblieben sind? Bei den diesjährigen Oscar-Verleihungen fand sich unter den fünf Nominierten für die beste Regie erneut keine einzige Frau – über die 92 Jahre der Preisvergabe wurden insgesamt nur fünf Frauen in der Kategorie nominiert. Wer hat nicht mitbekommen, dass schon jahrzehntelang anspruchsvolle, ansprechende Filme von Frauen gedreht werden?
Blicken wir nach Österreich, wo kürzlich Isabella Reichers Sammelband „Eine eigene Geschichte – Frauen Film Österreich seit 1999“erschien. In 34 Beiträgen, verteilt auf sechs Kapitel – „Eine eigene Geschichte – der Autorinnenfilm, „Genre und Autorinnenschaft“, „Partly Doc, Partly Fiction“, „Dokumentieren“, „Metakino“, „Arbeit am Material“–, wird die wachsende Präsenz der Akteurinnen in Film und Regie von zahlreichen Verfassern in verschiedenartig angelegten Texten veranschaulicht – sei es in Form von Porträts bestimmter Regisseurinnen, Analysen ausgesuchter werkumspannender Themen (zum Beispiel Tanz und Tanzszenen, Tischgesellschaften), Interviews einer bestimmten Akteurin oder Gesprächsrunden diverser Akteurinnen.
Festgemacht wird der Beginn verstärkt aufkommender, oder besser: allgemein beachteter, Arbeiten von Regisseurinnen am Langfilmdebüt „Nordrand“von Barbara Albert. Der Film feierte 1999 Weltpremiere bei
Isabella Reicher (Hrsg.) Eine eigene Geschichte den Filmfestspielen von Venedig, zu denen Albert als erste österreichische Regisseurin eingeladen wurde. Für ein besseres Hintergrundwissen bietet die Herausgeberin Isabella Reicher einen Abriss der Jahre bis 1999 und erläutert die frühere und aktuelle Situation der im Filmgeschäft tätigen Frauen. So wurde die Arbeit von Frauen im Film erst ab den 1960er-Jahren in Österreich wahrgenommen, Förderungen gab es spärlich; in den 1980er-Jahren stammten unter 100 geförderten Filmen nur drei von Frauen.
Einzig der ORF bot ein paar wenigen Frauen ein regelmäßiges Betätigungsfeld, das bekannte Namen hervorbrachte wie Elizabeth T. Spira und Karin Brandauer; in den 1970er-Jahren fanden sich darunter auch Valie Export und Maria Lassnig. Ausschlaggebend für die Unterrepräsentanz weiblicher Filmschaffender war etwa die Tatsache, dass an der Filmakademie Wien der lange entstanden jedoch Plattformen wie Filmfestivals, auf denen Frauen ihre Filme zeigten und ein größeres, einschlägig interessiertes Publikum, das großteils weiblich geprägt war, erreichten, etwa „Tricky Women“, das weltweit erste Festival für Trickfilme von Frauen, das Queer Film Festival „Identities“, die „Diagonale“in Graz oder die „FrauenFilmTage“in Wien. Pikantes Detail am Rande: Wenngleich die Jahrtausendwende spürbar den Beginn einer verstärkten Rezeption des österreichischen Films im Inund Ausland markierte, kürzte das Kabinett Schüssel I im Jahr 2000 die Filmförderung um ein Drittel.
Die Generation der Filmemacherinnen, die in den 1990er-Jahren ihre Ausbildung absolvierten, steht im Mittelpunkt des Buches, darunter eben Barbara Albert sowie Marie Kreutzer, Jessica Hauser, Sabine Derflinger, Mirjam Unger, Elisabeth Scharang – allesamt Namen, die sich als wegweisend für nachfolgende, zeitgenössische junge Regisseurinnen erweisen. Im Buch liegt der Fokus auf der Regiearbeit, einem Bereich, der nach wie vor stark männlich besetzt ist. In anderen filmischen Feldern wie Schnitt, Sounddesign, Bildgestaltung und Kostüm sind weibliche Namen noch nicht sehr präsent – und so wird auch in einem Gespräch erörtert, wie die Entwicklung in diesen Bereichen aussieht, und was noch zu tun ist.
Frauen haben sich eine männliche Domäne erkämpft; das weibliche genreübergreifende Schaffen, der weibliche Blick, die weibliche Zugangsweise stehen für sich. Frauen helfen Frauen: Ans Licht kamen Frauen und ihre Werke durch besagte, teils selbst organisierte Festivals, weibliche Rezipienten und Journalisten, den Fokus auf Filme von Frauen und Netzwerke. „Eine eigene Geschichte“bietet einen aktuellen