Bald mit dem E-Bike: Villach–Grado
Alpe-Adria. Sobald die Grenze wieder offen ist, soll es mit dem Rad von Kärnten an die Adria gehen. Vielleicht nicht ganz so sorglos, wie im vorigen Sommer – aber voller Wiedersehensfreude.
Wenn wir uns das nächste Mal der italienischen Grenze nähern, wird es sich wahrscheinlich ähnlich aufregend anfühlen wie damals in unserer Jugendzeit, als wir noch mit Bündeln Lirenoten in der Tasche aufgebrochen sind und uns die Carabinieri mit ihren blauen Uniformen und einem stechenden Blick wie Terrence Hill viel Respekt einflößten. Vielleicht nicht ganz so martialisch wie damals, aber immer noch respektvoll.
Prosciutto, Prosecco und Vino
Dabei sind wir im vergangenen Jahr noch voller Sorglosigkeit Richtung Adria gefahren, dazu schnell noch in der Bar Italia in Coccau einen Espresso zur Begrüßung genommen, haben uns beim Sparmarkt bei der Autobahnausfahrt Carnia mit Prosciutto, Prosecco und Vino versorgt. Bald werden wir uns hoffentlich auf unseren E-Bikes vorsichtig den alten Gewohnheiten und Leidenschaften annähern.
Die Tour von Kärnten durch Friaul nach Grado sind wir schon öfter gefahren. Sie startet am Morgen in Villach am Drauufer. Auf den ersten Kilometern radeln wir recht unspektakulär an der Drau entlang, biegen rechts ab und halten uns an das Ufer der Gail bis Arnoldstein. Bis zur Grenze folgen wir Nebenstraßen ohne spezielle Radwege. Kurz nach Thörl-Maglern folgt der obligatorische Espressostopp am alten, wiederauferstandenen Grenzübergang.
Rollen durchs Kanaltal
In Tarvis haben wir die ersten 40 Kilometer geschafft von rund 200, was wir eher nebensächlich aufnehmen, denn wir fahren keinen Marathon, sind vielmehr auf einer entspannten wie sentimentalen Ausflugsfahrt. Hinter Tarvis erwartet uns wieder der offizielle AlpeAdria-Radweg, und der ist von bester Qualität. Akkurat asphaltierte Wege auf einer einstigen Bahntrasse. Wir rollen durchs Kanaltal ganz dezent bergab, frei von Anstrengungen. Der Monte Lussari blickt auf uns herab, lockt mit seinem Ruf, nicht nur ein Wallfahrtsort, sondern gerade für die Kärntner ein Ziel kulinarischer Ausflüge zu sein. Aber wir sind ja zum Radeln da und bleiben bodenständig. Schnurgerade zieht sich der Weg meist auf der linken Seite durch das Kanaltal mit etlichen Tunnels und kleinen Dörfern, die noch da und dort Relikte aus der gemeinsamen k. und k. Vergangenheit haben. Zur Nostalgie passt auch gut die Mittagspause in der Casa Oberrichter, einem geschichtsträchtigen Gasthaus in Malborghetto, einst ein Gerichtsgebäude. Jetzt sitzt man hier in einer verschnörkelten Kombination aus Gasthaus und Spielzeugmuseum. Man spürt hier noch im oberen Kanaltal eine österreichische Präsenz. Erst ab Pontebba breitet sich mehr italienisches Ambiente aus. Chiusaforte mit seinem zum Radlergasthaus umfunktionierten früheren Bahnhof ist die perfekte erste Zwischenstation. Bei Wirt Fabio isst man gut und kann auch in sauberen und günstigen Zimmern logieren. Direkt neben dem Radweg. Was will man mehr.
Das enge Kanaltal wird allmählich breiter und offener. Das unscheinbare Resiutta ist auch wieder so ein Ort für die kulinarische Liebe auf den zweiten Blick. Hier gehts links rein in das archaische Val Resia, das für seinen exzellenten Knoblauch bekannt ist. Zum Mittagessen kehren wir in Venzone ein, diesem Ort neben der Autobahn, der nach dem verheerenden Erdbeben von 1976 so sorgsam wieder aufgebaut wurde. Nach dem Essen in einer kleinen Osteria in der Via Roma geht die Reise entlang des breiten Flussbetts des Tagliamento über Osoppo bis Udine. Auf diesem Abschnitt bewegen wir uns oft auf Nebenstraßen, was mehr Konzentration auf die Navigation erfordert.
Kaffee in Udine
Das ist auch im Zentrum von Udine so, wo wir mit dem Rad durch die Via Gemona in die Altstadt schlendern, einen Bogen um das Castello machen und in der Piazza del Duomo uns im Caff`e Adoro stärken, bevor wir uns für den restlichen Nachmittag weiter auf den Weg nach Süden machen. Vom Stadtrand Udines radeln wir über flaches Land. Die Peripherie ist nicht verlockend. Dafür entschädigt uns der Abstecher von Lauzacco nach Risano, wo wir in der Casa Orter, einem eleganten Landgut, ein gediegenes friulanisches Abendmenü serviert bekommen und in historischen Zimmern schlafen. Kein Wunder, am nächsten Morgen erzählen die Gastgeber, dass wir auf luxuriösen Betten von Nottinblu geruht haben. Der Bettenproduzent aus Lauzacco hat auch Bruce Willis als Kunden.
Am nächsten Morgen starten wir nach einem ausgiebigen Frühstück die letzte Etappe. Knapp 50 schnurgerade Kilometer trennen uns noch von den Stränden in Grado. Am späten Vormittag erreichen wir Palmanova, das viele als Autobahndreieck kennen, das aber, was weniger Leute wissen, ein geschichtsträchtiges Zentrum mit der riesigen Piazza Grande hat, die ursprünglich ein Exerzierplatz war. Wenn wir uns beeilen, könnten wir zum Mittagessen am Meer sein. Aber wir reisen ja entspannt, machen einen Stopp in Strassoldo, spazieren durch die weitläufige Burganlage, wo es übrigens nostalgische Ferienwohnungen gibt. Wir sind jetzt wieder auf ordentlich gepflegten Radwegen unterwegs. Natürlich nicht allein, denn der AlpeAdria-Radweg hat mittlerweile viele Fans. Auf den nächsten Kilometern bis Aquileia bilden wir uns schon ein, das Meer riechen zu können. Doch davor warten noch die Ausgrabungen rund um die Basilika in Aquileia, wo zur Römerzeit angeblich bis zu 100.000 Menschen gelebt haben sollen.
Die letzten fünf Kilometer bis Grado auf dem schmalen Damm durch die Lagune sind eine filmreife Kulisse. Links leuchtet die Wallfahrtskirche auf der kleinen Insel Barbana. Rechts staksen Reiher und Kormorane durchs flache Wasser. Es ist noch früh am Nachmittag. Und Grado ist eine sehr radfreundliche Stadt, hat viele gepflegte Wege und noch sehr viel mehr Strand. Der ist nur ein paar Schritte vom Hotel entfernt. Das macht Grado mit seiner Insellage wirklich sympathisch. Du brauchst kein Auto, kannst hier alles zu Fuß erledigen. Oder eben mit dem Rad.