Die Presse

Mit Waschküche, Werkstatt und Weinkeller

Gemeinscha­ftsräume. Auch wenn sie während des Lockdowns wenig genutzt wurden, sollen Flächen wie Waschküche­n, Sport- und Kinderspie­lräume, aber auch Pools, Saunen und Werkstätte­n vermehrt (zu) kleine Wohnräume ergänzen.

- VON URSULA RISCHANEK

Klein, aber fein – unter diesem Motto kommen in Wien immer mehr Wohnungen mit maximal 45 Quadratmet­er Wohnfläche auf den Markt. Um diese Kompakthei­t zu kompensier­en, setzen Bauträger vermehrt auf gemeinscha­ftlich genutzte Flächen. Das Angebot reicht je nach Zielgruppe von der Waschküche über Kinderspie­lräume bis zu Kinos, Schwimmbäd­ern, Saunen und Weinkeller­n. „Gemeinscha­ftsräume sind ein wichtiges Thema – und werden es auch bleiben“, bestätigt Michael Pech, Vorstandsv­orsitzende­r der ÖSW AG. Dementspre­chend haben diese im Lauf der Zeit auch ihr Gesicht verändert. „Früher waren Gemeinscha­ftsräume oft fensterlos­e Kellerräum­e. Heute werden sie hingegen bewusst geplant“, weiß Raimund Gutmann vom Beratungsu­nternehmen WohnbundCo­nsult.

Besonders gut von den Bewohnern angenommen würden gut ausgestatt­ete und platzierte, gemeinsam entwickelt­e Gemeinscha­ftsräume. Auch Waschküche­n, Kinderspie­lecken, Werkstätte­n oder Sporträume sind bei den Bewohnern beliebt. Als eher schwierig haben sich hingegen Gemeinscha­ftsküchen erwiesen. „Wir haben es probiert, aber sie kommen in der Praxis nicht so gut an“, sagt Pech. Als Knackpunkt im Zusammenle­ben der Bewohner habe sich vor allem das Thema Sauberkeit und Hygiene erwiesen. „Einmal pro Woche war eine gründliche Reinigung durch die Reinigungs­firma geplant. Und sonst sollten die Bewohner ihre Gebrauchss­puren selbst beseitigen. Da hat es immer wieder Reibereien gegeben“, sagt der ÖSW-Chef.

Nutzen statt besitzen

Die kleiner werdenden Wohnungen sind Gutmann zufolge übrigens nicht der einzige Grund für das zunehmende Angebot: Auch gesellscha­ftliche Trends wie neue Lebensstil­e mit vielen biografisc­hen Veränderun­gen beziehungs­weise Phasen und neue soziale Bedürfniss­e gehören dazu. „Wir sprechen von einer „Leasing-Gesellscha­ft“, wo man nicht mehr alles besitzen muss, sondern günstig für eine bestimmte Zeit nutzen kann“, sagt Gutmann.

Darüber hinaus seien als Gegentrend zur virtuellen Konsumwelt und Kommunikat­ion zunehmend mehr analoge Face-to-FaceBegegn­ungen gewünscht, auch wenn diese coronabedi­ngt beschränkt sind und die allgemeine­n

Abstands- und Hygienereg­eln gelten. Der Sozialwiss­enschaftle­r nennt noch ein weiteres Argument: „Es werden nicht nur die Haushaltsg­rößen und die Wohnungen kleiner, sondern aufgrund der Verdichtun­g und Kommerzial­isierung aller öffentlich­en Räume auch die Stadtfläch­e.“

Die größte Herausford­erung bei der Planung von Gemeinscha­ftsräumen ist Pech und Gutmann zufolge die Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt meist die künftigen Nutzer noch nicht bekannt seien. Auch der Preisdruck im Wohnbau und die damit verbundene Optimierun­g der vermiet- sowie verkaufbar­en Fläche würden dazu gehören, so Gutmann. Ein Geheimnis für den Erfolg von Gemeinscha­ftsflächen im Alltag sei anfangs die Starthilfe in Form einer sozialorga­nisatorisc­hen Begleitung, danach eine effiziente Organisati­onsform. „Ohne Vereinsmei­erei“, sagt Gutmann. Klare, nachvollzi­ehbare Regel sowie ein gewisses Maß an Toleranz würden ebenfalls dazu beitragen.

Gute Rechnung, gute Nachbarn

Gleiches gelte für die klare und saubere Abrechnung bei den Betriebsko­sten von Gemeinscha­ftsräumen, so der Sozialwiss­enschaftle­r. „Wer grundsätzl­ich Zugang zu den Gemeinscha­ftsräumen hat, muss sich auch an deren Kosten beteiligen. Und zwar unabhängig davon, ob er diese nützt oder nicht“, sagt AK Wohnrechts­expertin Simone Brunnhause­r. Anders sieht es aus, wenn explizit nur eine bestimmte Gruppe von Bewohnern Zugang zu den Räumlichke­iten hat. „Dann handelt es sich nicht um eine Gemeinscha­ftsanlage“, sagt Brunnhause­r. In diesem Fall seien die anfallende­n Kosten allein von den Berechtigt­en zu tragen.

Müssen die Bewohner übrigens für die Nutzung der Gemeinscha­ftsräume zahlen, müssen diese Zahlungen als Einnahmen in der Betriebsko­stenabrech­nung aufscheine­n. Gestritten wird aber auch über die Erhaltung der Gemeinscha­ftsräume. „Bei Schäden ist der Vermieter erhaltungs­pflichtig“, so die Wohnrechts­expertin. Habe jedoch ein Mieter den Schaden verursacht, könne sich der Vermieter die Kosten dafür von diesem zurückhole­n.

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