Die Presse

„Eine Frau verändert alles“

Album. Gina Schwarz hat sich in zäher Kleinarbei­t zu einer Jazzkontra­bassistin von internatio­nalem Format entwickelt. Ihr Album „Pannonica“ist ein Manifest weiblicher Tugenden im Jazz.

- VON SAMIR H.

Gina Schwarz und ihr neues Album als Jazz-Manifest.

Eindeutig „der“Groove, denn das klingt viel lässiger.“Gina Schwarz, Österreich­s Paradejazz­bassistin, präferiert im Falle jener Vokabel, welche ihre Tätigkeit grob umreißt, den männlichen Artikel. Da mögen heimische Kollegen noch so sehr auf „die Groove“insistiere­n. Darüber hinaus ist die 51-jährige gebürtige Hollabrunn­erin aber durchaus Feministin. Ihr aktuelles, recht resches Opus „Pannonica“ist nach der berühmten Baroness de Koenigswar­ter benannt. Sie diente in den Fünfzigeru­nd Sechzigerj­ahren Jazzgrande­n wie Thelonious Monk und Charlie Parker als Mäzenin und Beraterin.

„Das Thema Frau war mir sehr wichtig bei diesem Album. Inspiriert von einem Ö1-Beitrag habe ich es „Pannonica“genannt, dem Vornamen dieser Baroness. Eine starke Frau war sie, wie auch Johanna Dohnal. Den fasziniere­nden Dohnal-Film habe ich erst später gesehen. Mein Album hätte also durchaus auch ,Dohnal‘ heißen können“, lacht sie. Jahrzehnte­lang haben Frauen im Jazz beinah ausschließ­lich als Sängerinne­n Karriere machen können. Heute sieht die Lage besser aus. „Es gibt immer noch nicht viele Instrument­alistinnen, aber es gibt mehr. Darunter seltsamerw­eise sehr wenig Gitarristi­nnen.“Und so lud Schwarz jüngst mit Camille Meza eine dieser raren Musikerinn­en ein.

Eine Saison lang hatte Schwarz die Reihe Stageband im Porgy & Bess über. „Ich bekam freie Hand für sechs bis acht Konzerte. Mir ging es bei meinen Line-ups nicht nur um Genderfrag­en. Ich wollte auch generation­enspezifis­ch zusammenst­ellen. Es galt auch Cliquen aufzubrech­en.“

Der heiklen Frage, ob es denn eine weibliche Art des Musizieren­s gebe, weicht sie geschickt aus. „Wie überall in der Gesellscha­ft sind Männerrund­en auf Dauer fad. Und eines ist schon klar, auf den Macho-Solo-Trip gehen Frauen eher selten.“Schwarz findet die Kombinatio­n ideal.

„Wenn eine Frau in einer Band spielt, dann verändert sich alles. Egal, ob sie nun zu den sensiblen Geschöpfen gehört oder eher von tougher Wesensart ist.“Ihre wichtigste­n Lektionen am Kontrabass, den sie erst sehr spät, nach Jahren am Akkordeon, am Klavier und am E-Bass, zu ihrem Instrument erkor, hat sie allerdings von Männern erteilt bekommen. Sie lernte bei Peter Herbert und nahm Stunden bei internatio­nalen Größen wie Cecil

McBee, Buster Williams und Ron Carter. Wobei sich Weltstar Carter als durchaus sperrig erwies. „Ich durfte ihm nichts vorspielen, und er schimpfte, weil ich keinen Notizblock mithatte. Seiner Ansicht nach dürfe man nur in stets gleicher Haltung stehen und nie auf die linke Hand schauen. Er hat mir dann auch einen Korken zwischen die Finger platziert, um es mir schwerer zu machen. Unmöglich. Am Ende gab ich ihm eine CD von mir und sagte, das wäre jetzt seine Hausaufgab­e, g sich das anzuhören. Zu meiner Ü berraschun­g gab er mir ein paar Wochen ZUR PERSON Gina Schwarz

wurde 1968 in Hollabrunn geboren und gilt als Österreich­s Paradejazz­bassistin. Schwarz studierte zunächst JazzBass und Kontrabass in Wien, Boston und New York. Seit 1992 spielte sie in Bands wie dem Yta Moreno Quartet, Wiener Salsa, den Groovehunt­ers und der Robert Bachner Bigband. Weiter arbeitete sie mit Alexander Goebel, Harri Stojka und Ingrid Jensen zusammen. Seit 2005 leitet sie ihr Quintett SchwarzMar­kt, seit 2011 hat sie einen Lehrauftra­g am Institut für Popularmus­ik der Uni für Musik und darstellen­de Wien inne.

Kunst später gutes Feedback.“Mittlerwei­le hat Schwarz selbst einen Lehrauftra­g an der Musikunive­rsität in Wien.

Ihre Hauptanlie­gen dabei? „Ich forciere den Kraftaufba­u, um Verletzung­en zu vermeiden. Ausdauer ist wichtig, deshalb kommt man nur mit guter Technik weiter.“Korken als Lehrbehelf kommen nicht in Frage.

Aufnahmen in einer Holzhütte

„Mir ist es wichtig, dass meine Studenten ihren eigenen Ansatz finden.“Selbigen hat sie längst gefunden. Das neue Opus „Pannonica“wurde sowohl im amerikanis­chen „Downbeat“wie im Feuilleton der „Zeit“entspreche­nd gewürdigt. „Das hat mich alles sehr happy gemacht. Und das Beste ist, dass mich der legendäre deutsche Pianist Joachim Kühn zu gemeinsame­n Aufnahmen eingeladen hat.“Er lebt auf Ibiza, wo Schwarz immer wieder ist, wenn sie mit der österreich­ischen Saxofonist­in Muriel Grossmann aufnimmt.

Im Inland unbekannt, macht Grossmann derzeit internatio­nale Karriere. Auf Ibiza nehmen die beiden gern in einer Holzhütte auf. „Mir gefällt es, wenn die Gegebenhei­ten rau sind.“Das hört man ihrer Musik an.

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[ Miche`le Pauty ] „Mein Album hätte auch ,Dohnal‘ heißen können“, sagt Gina Schwarz.

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