Die Presse

Deutschlan­d grübelt über Abzugsplän­e der Amerikaner

Sicherheit­spolitik. Washington erwägt, die Zahl seiner Soldaten in Deutschlan­d um 9500 Soldaten zu reduzieren.

-

Berlin/Washington. Die am Wochenende bekannt gewordenen Pläne der US-Regierung, das amerikanis­che Truppenkon­tingent in der Bundesrepu­blik zu verkleiner­n, stoßen bei deutschen Politikern auf teilweise heftige Kritik. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) sprach von einem „komplizier­ten Verhältnis“. Der CDU-Politiker Jürgen Hardt sieht im Vorgehen der Amerikaner eine politisch motivierte Reaktion von US-Präsident Donald Trump auf Unzufriede­nheit mit deutschen Entscheidu­ngen.

Hintergrun­d ist ein Bericht des „Wall Street Journal“. Dort hieß es unter Berufung auf US-Regierungs­vertreter, Trump wolle voraussich­tlich im September 9500 der derzeit 34.500 in Deutschlan­d stationier­ten USSoldaten abziehen und deren Zahl dauerhaft auf 25.000 begrenzen. Ein Teil der Soldaten solle nach Polen verlegt werden. Trumps Nationaler Sicherheit­sberater Robert O’Brien habe kürzlich ein entspreche­ndes Memorandum unterzeich­net.

„Sollte es zum Abzug eines Teils der USTruppen kommen, nehmen wir dies zur Kenntnis“, kommentier­te Außenminis­ter Maas trocken. Generell kritisiert­e er in der „Bild am Sonntag“das Verhalten Trumps als „brandgefäh­rlich“, etwa auch sein Vorgehen gegen Journalist­en und antirassis­tische Demonstran­ten. Der CDU-Politiker Hardt sagte zum möglichen Truppenabz­ug: „Trump sind der langsame Anstieg der Verteidigu­ngsausgabe­n und die Arbeiten an der Nord-Stream-2-Leitung ein Dorn im Auge. Auch die Absage Merkels an einen physischen G7-Gipfel noch vor dem Sommer hat Trump offenkundi­g nicht goutiert.“

„Nehmt eure Atombomben gleich mit“

„Ein solcher Abzug wäre unter jedem Gesichtspu­nkt sehr bedauerlic­h“, sagte auch der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU), Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. Die US-Soldaten seien in Deutschlan­d willkommen. SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich sagte, ein so umfangreic­her US-Truppenabz­ug wäre „ein Einschnitt“. Der „reibungslo­se Betrieb zahlreiche­r Einrichtun­gen“der USStreitkr­äfte in Deutschlan­d würde damit in Frage gestellt. Allerdings wäre ein solcher Abzug auch eine Chance, die deutsche Sicherheit­spolitik „in ein europäisch­es Umfeld einzubette­n“, was angesichts der aktuellen US-Politik ohnehin dringlich und sinnvoll sei.

Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch schrieb im Internetdi­enst Twitter: „Der USTruppent­eilabzug muss als Chance begriffen werden.“Die Bundesregi­erung solle dies „dankend annehmen und zeitnah einen Komplettab­zug der US-Soldaten mit der Trump-Administra­tion vorbereite­n“. Diese sollten dann aber auch „die US-Atombomben mitnehmen“. Bereits im August 2019 hatte der damalige US-Botschafte­r in Deutschlan­d, Richard Grenell, mit einem Teilabzug der US-Soldaten aus Deutschlan­d gedroht, sollte die deutsche Regierung ihr Wehrbudget nicht erhöhen. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheit­srats der USA erklärte allerdings zu dem Bericht im „Wall Street Journal“nur, es gebe „derzeit keine Ankündigun­g zu machen“. Polens Ministerpr­äsident Mateusz Morawiecki freilich jubelte bereits über eine mögliche Verlegung von US-Soldaten aus Deutschlan­d in sein Land.

Der frühere Befehlshab­er der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, kritisiert­e die angebliche­n Reduzierun­gspläne scharf. Sie seien ein „kolossaler Fehler“und ein „rein politische­s Manöver“, sagte er dem „Spiegel“. Und: „Die Entscheidu­ng illustrier­t, dass der Präsident nicht verstanden hat, wie essenziell die in Deutschlan­d stationier­ten USTruppen für die Sicherheit Amerikas sind.“

Vor allem das Vorgehen der US-Regierung bei der Bekanntgab­e der Abzugsplän­e ärgert den General, weil es den Zusammenha­lt in der Nato gefährde: „Der Kongress wurde nicht eingeweiht, die US-Kommandant­en in Europa waren ahnungslos. Und mit Deutschlan­d oder der Nato hat niemand gesprochen.“

 ?? [ Imago ] ?? Von der Luftwaffen­basis Ramstein aus werden die US-Truppen in Irak und Afghanista­n versorgt.
[ Imago ] Von der Luftwaffen­basis Ramstein aus werden die US-Truppen in Irak und Afghanista­n versorgt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria