Die Presse

Söders Drang nach Norden

Deutschlan­d. Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder zieht seine Kreise in der deutschen Innenpolit­ik still und leise immer weiter.

- Von unserem Korrespond­enten PAUL KREINER

München. Markus Söder hat seinen Horizont erweitert: „Nord- und Ostsee haben mich schon immer interessie­rt“, sagte er der „Welt am Sonntag“, und das ließ aufhorchen. Normalerwe­ise sagt der CSU-Chef stets: „Mein Platz ist in Bayern.“

Natürlich sollte man die Ebenen nicht vermengen: Das Erste war die Antwort auf die Frage nach einem möglichen Ziel für Söders Sommerurla­ub; das Zweite ist seine Standardan­twort auf die Frage nach einer Kanzlerkan­didatur. Aber es fällt doch auf, wie Söder seine Kreise immer weiter zieht.

An Berlin, wo er beruflich viel häufiger ist, als er sich das je hätte vorstellen wollen, hat er Gefallen gefunden; zur Bundeskanz­lerin Angela Merkel hält er unverbrüch­liche Nähe. Die Anspielung auf Nord- und Ostsee kann auch als Reverenz an die Norddeutsc­he Merkel verstanden werden. Und schon zum zweitenmal ließ Söder in diesem Zusammenha­ng den Westen weg: NordrheinW­estfalen, das Land von Armin Laschet und

Friedrich Merz als seinen Konkurrent­en bei einer möglichen Kanzlerkan­didatur.

Es fällt auch auf, wie CSU-Generalsek­retär Markus Blume bereits mögliche Altlasten vom eigenen Hof kehrt: So viel Eingeständ­nis eigener Fehler wie zuletzt in der „Zeit“gab es in der CSU noch nie. Lang war sie – auch und gerade in Gestalt ihres damaligen Thronaspir­anten Söder – den Slogans der rechtsextr­emistische­n AfD hinterherg­elaufen. Heute sagt Blume: „Wir haben alles versucht. Erfolgreic­h war erst der harte Abgrenzung­skurs.“Das sei die Lektion aus dem Landeswahl­kampf 2018: „Du musst auf der hellen Seite stehen, brauchst einen klaren Kurs der bürgerlich­en Mitte. Vor allem: Du kannst ein Stinktier nicht überstinke­n.“

Aktuell, durch sein Corona-Management, genießt Söder einen Beliebthei­tswert von 90 Prozent, so viel wie kein anderer Ministerpr­äsident. Auch Blume wiederholt auf der Frage nach einer Kanzlerkan­didatur den Satz: „Markus Söders Platz ist in Bayern.“Und Söder selbst will seinen Sommerurla­ub „natürlich in Bayern“verbringen. Aber es kommt Bewegung in die Sache.

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