Die Presse

Warum der Pflegenots­tand ausblieb

Gesundheit. Die Anreise der 24-Stunden-Betreuerin­nen aus Osteuropa ist jetzt wieder möglich. Noch ungeklärt sind finanziell­e Fragen – auch für die Hilfsorgan­isationen.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Der von vielen befürchtet­e Notstand bei der 24-Stunden-Betreuung ist ausgeblieb­en. „Die Lage entspannt sich“, sagt Hilfswerk-Geschäftsf­ührerin Elisabeth Anselm. Ihre Organisati­on könne sogar wieder neue Kunden aufnehmen. Die Grenzübert­ritte für die rund 60.000 Personenbe­treuerinne­n, die zum Großteil aus den östlichen Nachbarlän­dern kommen, seien zwar immer noch mit bürokratis­chen Hürden versehen – aber es sei jetzt immerhin wieder möglich, nach Österreich und wieder nach Hause zu kommen.

In den vergangene­n Wochen war der sonst übliche Wechsel der Betreuungs­kräfte nach einem Zwei-Wochen-Turnus nicht möglich, weil die Betreuerin­nen daheim in Quarantäne mussten und teilweise auch nicht mehr nach Österreich ausreisen durften. Dass das System nicht zusammenge­brochen ist, lag daran, dass die meisten ihren Turnus auf mehrere Wochen ausdehnten.

Auch die von der Wirtschaft­skammer organisier­ten Sonderzüge nach Rumänien sind wieder eingestell­t, das Interesse an dieser Form des Transports war letztlich nicht so groß. Für Anselm liegt das an den geografisc­hen Gegebenhei­ten in Rumänien: Für die Betreuerin­nen, die aus allen Teilen des Landes kommen, wäre es ein großer Aufwand, erst nach Temesvar zu reisen, wo die Züge abfuhren. Die individuel­le Anreise in Kleinbusse­n sei leichter zu bewerkstel­ligen.

Offen ist noch der finanziell­e Part: Die Betreuerin­nen müssen sich testen lassen, bevor ihr Turnus in Österreich beginnt. Wer diese Testkosten übernimmt – Kunden, Agenturen oder die Betreuerin­nen selbst –, ist noch nicht geklärt. Anselm ist dafür, dass die

Länder einspringe­n. Diese hätten schließlic­h vom Bund finanziell­e Mittel für die Aufrechter­haltung der Pflege bekommen. Es sei da auch die Frage zu klären, wer die Kosten übernimmt, wenn eine Betreuerin positiv getestet wird. Denn dann gebe es einen Aufwand für die Quarantäne und für den Verdienste­ntgang.

Auch andere finanziell­e Fragen sind noch ungeklärt. So haben sich alle Hilfsorgan­isationen am freien Markt mit Schutzbekl­eidung eingedeckt – zu überhöhten Preisen. „Das geht in die Millionen“, so Anselm. Da die gemeinnütz­igen Organisati­onen zum Selbstkost­enpreis arbeiten, müsse man klären, „wo wir uns schadlos halten können“. Auch die zwischen Arbeitgebe­rn und Gewerkscha­ft ausverhand­elte Gefahrenzu­lage für das Pflegepers­onal in Höhe von 500 Euro müsse finanziert werden. Auch da gehe es um Millionen.

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