Wie die EU dem Euro hilft
Zertifikate. Das Vorhaben, Europa mit einem gigantischen Wiederaufbauprogramm unter die Arme zu greifen, stützt den Eurokurs.
Wien. In den vergangenen Wochen standen vor allem die globalen Aktienmärkte im Rampenlicht. Dabei hat sich auch auf den Devisenmärkten einiges getan: So schnellte der Euro gegenüber dem Dollar zuletzt ein gutes Stück nach oben, nachdem die europäische Gemeinschaftswährung monatelang in einem Seitwärtstrend verharrt war. Das hat handfeste Gründe.
Dazu zählt die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB), ihr Corona-Notkaufprogramm auf 1,35 Billionen Euro aufzustocken, woraufhin der Euro die Marke von 1,13 Dollar übersprang. Doch das ist nicht alles: Schon vor wenigen Wochen wurde der deutsch-französische Vorschlag für einen 500 Mrd. Euro schweren Corona-Hilfsfonds bekannt gegeben. Dabei sollen die Gelder als Zuschüsse ausbezahlt werden. Und das wäre immerhin der erste Schritt in Richtung einer Vergemeinschaftung der Staatsschulden in Europa und ein großer Sprung hinsichtlich des noch unfertigen Konstrukts der Eurozone, meint Nannette Hechler-Fayd’herbe, Chief Investment Officer im International Wealth Management der Credit Suisse.
Ankündigung kam gut an
Schon kurz darauf toppte die EUKommission den Vorschlag mit einem noch umfangreicheren Wiederaufbauprogramm. Geplant sind demnach 500 Mrd. Euro an nicht rückzahlbaren Zuwendungen und 250 Mrd. Euro an Krediten.
Den Marktteilnehmern gefiel die Signalwirkung einer geplanten Lösungsfindung sichtlich, wenn auch Form und Ausgestaltung der
Hilfen noch unklar sind. Daran änderte selbst der Widerstand einiger Staaten gegen das umfangreiche Vorhaben nichts, zu denen Österreich und drei weitere nördliche Länder gehören.
Hechler-Fayd’herbe glaubt allerdings, sie könnten noch umgestimmt werden, schon allein aufgrund einer Bedingung, an die Hilfsgelder geknüpft werden sollen. Sie sagt, das EU-Konjunkturprogramm werde voraussichtlich einen Green Deal beinhalten, der Mittel für die Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur sowie für Anpassungen zur Ökologisierung der europäischen Wirtschaft vorsehe. Und das könnte allen Ländern gefallen.
Doch das ist nicht alles. Die Credit-Suisse-Expertin verweist auf eine weitere mögliche Stütze für den Euro, bei dem sie die faire Bewertung bei 1,24 Dollar sieht – basierend auf Fundamentalfaktoren. Sie sagt, „die von uns im zweiten Halbjahr erwartete wirtschaftliche Erholung wird dem Euro auf mittlere Sicht zusätzlichen Auftrieb verleihen, ungeachtet der schwelenden geopolitischen Risken“. Immerhin keimt derzeit der
US-Handelskonflikt mit China wieder kräftig auf. Auch gegenüber dem Schweizer Franken – der klassischen Fluchtwährung in turbulenten Zeiten – sieht HechlerFayd’herbe Aufwärtspotenzial. Zuletzt hatte der Franken von der Coronakrise kräftig profitiert. Je mehr nun die Unsicherheit abnimmt, desto weniger ist der Franken als sicherer Hafen gefragt.
Für risikobereite Anleger gibt es die Chance, auf einen Euro-Auftrieb mit Turbo-Long-Zertifikaten zu setzen. Ein solches Produkt bietet etwa die Deutsche Bank auf den Euro-Dollar-Kurs an (DE000XM0R853). Der aktuelle Hebel liegt bei 2,6. Um diesen verändert sich der Kurs des Zertifikats im Verhältnis zum Basispreis. Wird aber die Marke von 0,7025 Dollar berührt oder unterschritten, verfällt das Zertifikat. Auf den EuroFranken-Kurs bietet beispielsweise die BNP Paribas ein Turbo-LongZertifikat an (DE000PS1RN32). Hier liegt der aktuelle Hebel bei 2,68, die Barriere bei 0,7017 Franken. Anleger sollten aber jedenfalls beachten, dass Währungen grundsätzlich sehr stark schwanken können.