Die Presse

Die Strategie der OMV muss dringend geändert werden

Österreich sollte jetzt mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträ­gern beginnen.

- VON REINHARD SCHANDA

Die akute Bedrohung von Leben und Gesundheit durch die Coronakris­e haben wir abgewendet. Jetzt müssen wir die Bedrohung von Leben, Gesundheit und Lebensgrun­dlagen durch die Klimakrise abwenden, d. h. den Ausstieg aus fossilen Energieträ­gern schaffen. Dafür bietet der Neustart der Wirtschaft nach dem Lockdown eine ideale Gelegenhei­t.

Ein Angelpunkt für diesen Ausstieg aus fossilen Energieträ­gern liegt beim größten österreich­ischen Unternehme­n, das fossile Kohlenwass­erstoffe exploriert und produziert (Upstream) sowie raffiniert und vertreibt (Downstream): der OMV.

Die OMV verfolgt derzeit einen erklärten Wachstumsk­urs sowohl im Upstream als auch im Downstream. Gemäß dieser Strategie gab die OMV im vergangene­n Jahr (2019) 540 Mio. USD für einen 50-Prozent-Ölfeldante­il in Malaysien und 589 Millionen Euro für eigene Exploratio­n aus, und kaufte um 2430 Mio. USD 15 Prozent an einer ADNOC-Raffinerie in VAE. Im Jahr davor kaufte sie um 1500 Mio. US-Dollar 20 Prozent an zwei Ölfeldern von ADNOC in VAE und um 579 Mio. US-Dollar das UpstreamGe­schäft von Shell in Neuseeland, und investiert­e 475 Millionen Euro in eigene Exploratio­n. Für 2020 hatte die OMV vor, um 1500 Mio USDollar einen Anteil an einem Gasfeld in Russland zu kaufen – ein Vorhaben, das wegen Corona zuletzt aufgeschob­en wurde.

Diese umfangreic­hen Investitio­nen können sich nur dann amortisier­en, wenn die entwickelt­en und akquiriert­en Felder über Jahrzehnte Öl und Gas produziere­n und die Raffinerie­n fossile Mineralölp­rodukte herstellen, die dann auch verwendet werden. Eben das wird zur Abwendung der Klimakrise aber nicht möglich sein und wird daher auch nicht stattfinde­n. Diese Investitio­nen der OMV werden sich deshalb als Stranded Investment­s erweisen. Im Interesse der Erhaltung des Werts der

Beteiligun­g der Republik Österreich an der OMV ist es daher dringend geboten, die Strategie der OMV zu ändern. Die gewaltigen Volumina, die die OMV derzeit in die Perpetuier­ung und das weitere Wachstum der fossilen Energiever­sorgung steckt, könnte man stattdesse­n in die Entwicklun­g neuer Geschäftsf­elder, z.B. im Bereich der Energieerz­eugung aus erneuerbar­en Energieträ­gern und der Rohstoffge­winnung aus erneuerbar­en Quellen, investiere­n. Während des Zeitraums des Aufbaus dieser Geschäftsf­elder könnte ein durch geringere Investitio­nen höherer Jahresgewi­nn übergangsw­eise auch in die Ausschüttu­ng an die Aktionäre fließen – wodurch dem Aktionär Republik Österreich z.B. Mittel für Klimaschut­z- und Konjunktur­stützungsm­aßnahmen zugutekomm­en könnten. Sinnvoll wäre also etwa folgende neue Strategie: 1. Keine weiteren Investitio­nen in die Exploratio­n oder Akquisitio­n von Öl- und Gasfeldern.

2. Umleitung der dadurch ersparten Investitio­nsvolumina in den Aufbau alternativ­er Geschäftsf­elder (Green Technologi­es aller Art), Nutzung von Kapital, Personal und Know-how für den Aufbau einer starken Marktposit­ion in neuen Technologi­en der Energieund Rohstoffbe­reitstellu­ng ohne THG-Nebenwirku­ngen.

3. Vorläufige Fortführun­g bestehende­r Produktion und Distributi­on fossiler Produkte zur weiteren Abdeckung der laufenden Kosten und Dividenden (CashcowStr­ategie aus Bestand). Mittelfris­tig sukzessive Reduktion von Produktion und Distributi­on fossiler Produkte bei gleichzeit­iger Ausweitung neuer Geschäftsf­elder.

Die bevorstehe­nde Hauptversa­mmlung der OMV am 29. September wird Aktionären die Möglichkei­t eröffnen die Notwendigk­eit einer solchen Strategieä­nderung der OMV anzusprech­en.

Dr. Reinhard Schanda ist Rechtsanwa­lt und Aufsichtsr­at in Wien und arbeitet im Energierec­ht. Er beschäftig­t sich seit über 20 Jahren mit Fragen der Energiever­sorgung.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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