Die Strategie der OMV muss dringend geändert werden
Österreich sollte jetzt mit dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern beginnen.
Die akute Bedrohung von Leben und Gesundheit durch die Coronakrise haben wir abgewendet. Jetzt müssen wir die Bedrohung von Leben, Gesundheit und Lebensgrundlagen durch die Klimakrise abwenden, d. h. den Ausstieg aus fossilen Energieträgern schaffen. Dafür bietet der Neustart der Wirtschaft nach dem Lockdown eine ideale Gelegenheit.
Ein Angelpunkt für diesen Ausstieg aus fossilen Energieträgern liegt beim größten österreichischen Unternehmen, das fossile Kohlenwasserstoffe exploriert und produziert (Upstream) sowie raffiniert und vertreibt (Downstream): der OMV.
Die OMV verfolgt derzeit einen erklärten Wachstumskurs sowohl im Upstream als auch im Downstream. Gemäß dieser Strategie gab die OMV im vergangenen Jahr (2019) 540 Mio. USD für einen 50-Prozent-Ölfeldanteil in Malaysien und 589 Millionen Euro für eigene Exploration aus, und kaufte um 2430 Mio. USD 15 Prozent an einer ADNOC-Raffinerie in VAE. Im Jahr davor kaufte sie um 1500 Mio. US-Dollar 20 Prozent an zwei Ölfeldern von ADNOC in VAE und um 579 Mio. US-Dollar das UpstreamGeschäft von Shell in Neuseeland, und investierte 475 Millionen Euro in eigene Exploration. Für 2020 hatte die OMV vor, um 1500 Mio USDollar einen Anteil an einem Gasfeld in Russland zu kaufen – ein Vorhaben, das wegen Corona zuletzt aufgeschoben wurde.
Diese umfangreichen Investitionen können sich nur dann amortisieren, wenn die entwickelten und akquirierten Felder über Jahrzehnte Öl und Gas produzieren und die Raffinerien fossile Mineralölprodukte herstellen, die dann auch verwendet werden. Eben das wird zur Abwendung der Klimakrise aber nicht möglich sein und wird daher auch nicht stattfinden. Diese Investitionen der OMV werden sich deshalb als Stranded Investments erweisen. Im Interesse der Erhaltung des Werts der
Beteiligung der Republik Österreich an der OMV ist es daher dringend geboten, die Strategie der OMV zu ändern. Die gewaltigen Volumina, die die OMV derzeit in die Perpetuierung und das weitere Wachstum der fossilen Energieversorgung steckt, könnte man stattdessen in die Entwicklung neuer Geschäftsfelder, z.B. im Bereich der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern und der Rohstoffgewinnung aus erneuerbaren Quellen, investieren. Während des Zeitraums des Aufbaus dieser Geschäftsfelder könnte ein durch geringere Investitionen höherer Jahresgewinn übergangsweise auch in die Ausschüttung an die Aktionäre fließen – wodurch dem Aktionär Republik Österreich z.B. Mittel für Klimaschutz- und Konjunkturstützungsmaßnahmen zugutekommen könnten. Sinnvoll wäre also etwa folgende neue Strategie: 1. Keine weiteren Investitionen in die Exploration oder Akquisition von Öl- und Gasfeldern.
2. Umleitung der dadurch ersparten Investitionsvolumina in den Aufbau alternativer Geschäftsfelder (Green Technologies aller Art), Nutzung von Kapital, Personal und Know-how für den Aufbau einer starken Marktposition in neuen Technologien der Energieund Rohstoffbereitstellung ohne THG-Nebenwirkungen.
3. Vorläufige Fortführung bestehender Produktion und Distribution fossiler Produkte zur weiteren Abdeckung der laufenden Kosten und Dividenden (CashcowStrategie aus Bestand). Mittelfristig sukzessive Reduktion von Produktion und Distribution fossiler Produkte bei gleichzeitiger Ausweitung neuer Geschäftsfelder.
Die bevorstehende Hauptversammlung der OMV am 29. September wird Aktionären die Möglichkeit eröffnen die Notwendigkeit einer solchen Strategieänderung der OMV anzusprechen.
Dr. Reinhard Schanda ist Rechtsanwalt und Aufsichtsrat in Wien und arbeitet im Energierecht. Er beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit Fragen der Energieversorgung.
E-Mails an: debatte@diepresse.com