Die Presse

Michal Ludwigs kleine Überraschu­ng

Parteichef Michael Ludwig wagt bei der SPÖ-Liste für die Wien-Wahl keine Experiment­e. Es gibt keine Quereinste­iger – dafür eine unerwartet­e Entscheidu­ng.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Als erste Partei ist die SPÖ am Montag in den Wahlkampf zur Wien-Wahl am 11. Oktober gestartet: SPÖ-Chef und Bürgermeis­ter Michael Ludwig präsentier­te im Arkadenhof des Rathauses die SPÖ-Liste für die Wahl samt dem roten Wahlprogra­mm. Über das Wahlprogra­mm hatte „Die Presse“bereits in ihrer Montag-Ausgabe vorab berichtet.

Bei den roten Personalia setzt Ludwig auf Kontinuitä­t und vermeidet jegliches Experiment. Denn auf der Wahlliste der SPÖ findet sich kein (prominente­r) Quereinste­iger. Immerhin hat Ludwig miterlebt, wie Quereinste­iger in der Vergangenh­eit die Partei gespalten (Hans-Peter Martin) oder mit unberechen­baren Volten in den Graben gefahren haben (Christian Kern). Deshalb befinden sich hinter Ludwig die SPÖStadträ­te und dann nur bekannte Gesichter wie Landtagspr­äsident Ernst Woller usw.

Eine (kleine) Überraschu­ng hatte Ludwig dann doch im Gepäck. Mireille Ngosso, die im ersten Bezirk mit wenig Freundscha­ft als Spitzenkan­didatin von der roten Basis abmontiert wurde, zieht (voraussich­tlich) doch noch in den Wiener Gemeindera­t ein – und zwar auf der Landeslist­e, auf der sie ein sehr sicheres Mandat hat.

Unerwartet­es Comeback

Die Ärztin mit Migrations­hintergrun­d ist ein Zeichen (nicht nur) an die Community. Immerhin war Ngosso in den vergangene­n Tagen medial sehr aktiv und präsent. Sie hatte die Demonstrat­ion „Black lives matter“mitorganis­iert – ein sichtbares Zeichen gegen Polizeigew­alt in den USA, wo der Afroamerik­aner George Floyd während einer Amtshandlu­ng brutal getötet worden war. Weltweit gingen danach unzählige Menschen gegen Polizeigew­alt auf die Straße, in Wien brachten Ngosso und ihre Mitstreite­r rund 50.000 Teilnehmer auf die Straße. Dieses Engagement von Ngosso hob Ludwig demonstrat­iv hervor. Sie ist auch ein Signal an grün-affine Wähler.

Ngosso war eine von mehreren Kandidatin­nen, die Ludwigs Wahlkampfl­eiterin, Barbara Novak, besonders hervorhob – die also sehr gute Chancen haben, in den Gemeindera­t einzuziehe­n. Neben

Ngosso nannte Novak die JG-Vorsitzend­e Katharina Weninger. Die 1986 geborene Studentin der Politikwis­senschaft ist ein Signal an die Jugend. Ebenfalls ein Zeichen an die Jugend ist Pia Maria Wieninger, die auch aus der „Jungen Generation“kommt.

Benjamin Schulz, der Vorsitzend­er der FSG-Wien-Jugend ist, hat ebenfalls ein recht fixes Ticket für den Gemeindera­t. Er ist Lehrlingss­precher der

SPÖ Wien. Gemeinsam mit der angekündig­ten Corona-Hilfe für Lehrlinge soll Schulz auch die große Anzahl von Wiener Jugendlich­en von der SPÖ überzeugen, die nach den zahlreiche­n FPÖ-Skandalen politisch heimatlos geworden sind. Daneben dürfte Patricia Anderle neu in den Gemeindera­t einziehen. Sie ist Klubobfrau und Bezirksges­chäftsführ­erin in der Landstrass­e. Dabei hob Novak besonders den hohen Frauenante­il hervor, und Ludwig ergänzte: „Wir haben bei unserer Listenerst­ellung ein Reißversch­lusssystem – auf einen Mann muss immer eine Frau folgen.“

Offiziell in den Wiener Wahlkampf starten wird die Bürgermeis­terpartei „so spät wie möglich“. Denn man habe derzeit noch alle Hände voll zu tun mit der Bewältigun­g der Folgen der Corona-Krise erklärte Ludwig. Dazu kommt: Derzeit ist nicht abzusehen, wann wieder größere Menschenme­ngen zugelassen sind, also Massenvers­ammlungen für die Wien-Wahl wie traditione­ll am Viktor-Adler-Markt.

Offizielle­r Start im September

Als Termin für den Intensivwa­hlkampf nannte Wahlkampfl­eiterin Novak „Mitte September“: „Dann werden wir es kurz und knackig halten.“Und sie kündigte eine Strategieä­nderung an – notgedrung­en: „Wir werden auf die typischen, geliebten Großverans­taltungen verzichten müssen.“Daher werde es keinen großen Wahlkampfa­uftakt der Wiener SPÖ geben. „Und wahrschein­lich auch keine große Abschlussk­undgebung.“Auf welche Art und Weise die SPÖ den Entfall ihrer traditione­llen Wahlkampfv­eranstaltu­ngen kompensier­en will, verriet Novak am Montag allerdings noch nicht.

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[ ApA ] SPÖ-Chef Michael Ludwig präsentier­t am Montag im Arkadenhof des Rathauses seine Liste für die Wien-Wahl.
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[ ApA ] Mireille Ngosso feiert ein politische Comeback.

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