Coronakrise macht Soziales wicht
Der Anteil nachhaltiger Geldanlageformen liegt in Österreich bei 16 Prozent.
Wien. Nachhaltige Veranlagung wird immer gefragter. Mag es nun die Politik sein, die das Thema forciert – die EU hat sich in den vergangenen Jahren des Themas angenommen und ihm mit dem EUAktionsplan und der Taxonomie einen regulatorischen Rahmen gegeben –, mögen private Anleger tatsächlich immer stärker auf ethische Kriterien bei der Geldanlage Wert legen, mögen die institutionellen Anleger (Vorsorgekassen, Pensionskassen, Fonds) noch stärker auf das Thema aufgesprungen sein: Nachhaltige Geldanlageformen haben zugelegt, sowohl anteilsmäßig (an allen Geldanlagen) als auch in absoluten Zahlen.
Das geht aus den jüngsten Zahlen des Forums nachhaltige Geldanlagen (FNG) hervor, die am Montag präsentiert wurden.
Das Kapital, das nach Umwelt-, sozialen und anderen ethischen Kriterien veranlagt ist, hat sich in Österreich von 21 Mrd. Euro im Jahr 2018 auf 30 Mrd. Euro im Jahr 2019 gesteigert. Ein Viertel davon kommt von Privatanlegern, der Rest von institutionellen Anlegern, unter denen vor allem die Vorsorgekassen mit 56,4 Prozent den stärksten Anteil haben. Die Vorsorgekassen veranlagen die Gelder für die Abfertigung. Das bedeutet, dass die meisten erwerbstätigen Menschen in Österreich indirekt (auch) nachhaltig veranlagen, ohne dass das vielen überhaupt bewusst ist.
Das hohe Investmentvolumen der Vorsorgekassen trage auch dazu bei, dass der Marktanteil der nachhaltigen Geldanlagen in Österreich insgesamt bei nahezu 16 Prozent an allen Geldanlagen liegt, stellte Wolfgang Pinner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des FNG und Leiter für Österreich, fest. In Deutschland sind es nur 5,4 Prozent, in der Schweiz mit 38 Prozent mehr, dort sei aber die Abfragemethodik eine andere.
Nachhaltige Anlageprodukte verfügen zu 63 Prozent über ein Siegel wie das Umweltzeichen oder eben das FNG-Siegel.
Rechnet man zum einschlägig nachhaltig investierten Vermögen auch das Volumen für verantwortliche Investments hinzu (solches liegt vor, wenn Anbieter bei allen Produkten, auch den nicht dezidiert nachhaltigen, bestimmte Mindestkriterien einhalten), liegt das Volumen nachhaltiger Geldanlagen bei 106,8 Mrd. Euro.
Rüstung ist tabu
Nahezu alle nachhaltigen Produkte wenden Ausschlusskriterien an (zu den häufigsten zählen Rüstung und Kohle, gefolgt von Atomkraft, Menschenrechtsverletzungen, Arbeitsrechtsverletzungen, Gentechnik, Porno, Tabak, Glücksspiel).
Weitere Investmentkriterien sind bestimmte Normen, die die Unternehmen einhalten müssen, in die man investiert (ILO-Leitlinien), der Best- in-Class-Ansatz (Unternehmen, die innerhalb ihrer Branche besonders positiv hervorstechen) oder die Frage, inwieweit die Firmen Nachhaltigkeitskriterien in traditionelle Prozesse einbeziehen. Viele Fonds üben auch aktiv ihr Stimmrecht aus, um Nachhaltigkeit voranzutreiben.
Inhaltlich sei vor der Coronakrise vor allem der Umweltaspekt im Vordergrund gestanden, berichtet Pinner. Der sei noch immer wichtig. Durch die Krise habe aber auch die soziale Dimension an Bedeutung gewonnen.