Razzien bei Wirecard
Der Zahlungsabwickler steht schon länger wegen Zweifel an seinen Geschäftspraktiken unter Druck.
Aschheim. Der Zahlungsabwickler Wirecard kommt nicht zur Ruhe. Das deutsche Unternehmen hatte am Freitagabend in Aschheim bei München die Durchsuchungen der Geschäftsräume durch die Staatsanwaltschaft bestätigt. Es bestehe der Verdacht, „dass die Verantwortlichen der Wirecard durch die Ad-hoc-Mitteilungen vom 12. 03. 20 und vom 22. 04. 20 irreführende Signale für den Börsenpreis der Aktien der Wirecard AG gegeben haben könnten“, teilte eine Sprecherin der zuständigen Staatsanwaltschaft München I mit. Vorausgegangen war eine Anzeige der deutschen Finanzaufsicht Bafin. Die Aktie startete mit einem Minus in den Montag.
Wirecard betonte, dass sich die Ermittlungen „nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen ihre Vorstandsmitglieder“richteten. Der Vorstand sei „zuversichtlich, dass der Sachverhalt sich aufklären wird und die Vorwürfe sich als unbegründet erweisen werden“.
Bei dem DAX-Konzern waren nach dem Abschluss einer Sonderprüfung zu Bilanzfälschungsvorwürfen zentrale Fragen unbeantwortet geblieben. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG meldete in ihrem Bericht zu den Geschäftsjahren 2016 bis 2018, dass wesentliche Unterlagen fehlten – hauptsächlich zum Geschäft mit Drittfirmen, die Zahlungen im Auftrag von Wirecard abwickeln. Deswegen konnten die KPMG-Prüfer auch nicht feststellen, ob den entsprechenden Buchungen auch reale Umsätze entsprechen.
Entlastet? Doch nicht ganz
Stein des Anstoßes ist nun, dass Wirecard vor der Veröffentlichung des Berichts ausdrücklich betont hatte, dass sich keine Belege für die öffentlich erhobenen Vorwürfe der Bilanzmanipulation ergeben hätten. Der Aktienkurs hatte sich daraufhin kräftig erholt bis auf mehr als 140 Euro, brach dann aber nach der Veröffentlichung des KPMG-Berichts ein, da die Investoren das Unternehmen angesichts der Aussagen der Wirtschaftsprüfer nicht als vollends von den Vorwürfen der Bilanzmanipulation entlastet ansahen.
Wirecard war im September 2018 in den DAX einzogen. Damals kostete die Aktie knapp 200 Euro, nachdem sie in den Jahren zuvor nahezu unaufhaltsam gestiegen war. Danach berichtete die „Financial Times“wiederholt über mögliche Bilanzmanipulation, was den Aktienkurs auf zeitweise unter 80 Euro abstürzen ließ. Zuletzt kostete eine Wirecard-Aktie 92 Euro. (APA/DPA-AFX/b. l.)