Fernsehen in Heimarbeit
Claudia Kottal dreht mit fünf Kolleginnen eine Webserie in Eigenregie. Am Montag hatten die ersten beiden Folgen der Comedy „Die Maßnahme“Premiere.
Das Making- Of dieser Serie, es wäre vermutlich sehenswert: Sechs Schauspielerinnen an sechs verschiedenen Orten, die, so gut wie ohne Drehbuch, sich selbst beim Spielen filmen. Genau so entsteht derzeit „Die Maßnahme“.
„Stellen Sie sich vor, es ist nach wie vor Pandemie und von Amts wegen müssen Sie (trotzdem) an einer Maßnahme teilnehmen“– so lautet die Ausgangslage, jedenfalls für die toughe Jenny (Alev Irmak), die eben von Wien nach Berlin gezogen ist, die hippe Mia (Constanze Passin), die sich am Land („da sind so Berge und so Seen“) um ihre Omi „kümmern“muss, oder die konservative Margarete (Laura Hermann), die die Wurstwaren der familieneigenen Fleischerei in Wien 1030 gern mit einem Mann teilen würde. Insgesamt sind es sechs Frauen, die sich nun in einer gemeinsamen ZoomGruppe wiederfinden und jeden Freitag eine Aufgabe abgeben müssen.
Wie sie sie lösen, kann man künftig jeden Montag mitverfolgen, wenn eine neue Folge der Serie online geht. „Wir haben beschlossen, unsere kreativen Impulse nicht von Dreh- und Theaterstopps bremsen zu lassen“, sagt Claudia Kottal zur Entstehungsgeschichte. Begonnen haben sie und fünf Kolleginnen damit schon vor zwei Monaten, noch unter den strengen Bedingungen des Lockdowns, „aber wir haben ein bisschen gebraucht, um es einzugrenzen und herumzuprobieren.“Alev Irmak („Cop Stories“) war da kurz zuvor tatsächlich gerade nach Berlin gezogen und hatte in letzter Minute eine Wohnung gefunden, Suse Lichtenberger hatte mit ihren Kindern eine Hütte in Vorarlberg bezogen, Constanze Passin war bei ihrer Familie in St. Gilgen.
Mangels Drehbuch-Erfahrung (Kottal hat mit einem Online-Kurs begonnen, „aber so schnell geht das auch wieder nicht“), setzen die sechs auf das, was sie können: „Spielen und kreieren.“Geplant wird mittels ZoomCalls. Das, was aus dem Impuls heraus entsteht, werde grob niedergeschrieben. Später lädt jeder seine Videos hoch, Kottal übernimmt den Schnitt und ringt mit dem Ton, wenn bei einer Außenaufnahme wieder einmal der Wind zu laut pfiff.
Ihre jeweiligen Figuren haben sich die Schauspielerinnen selbst entwickelt. Lichtenberger kämpft als Elke mit dem Homeschooling, Anna Kramer atmet als esoterische Sabine durch, Kottal selbst hatte Lust auf Dialekt und spielt die leicht verpeilte Barchefin Ricky („I hob eh nix Bledes g’sogt?“), die ihrer Ex-Freundin hinterhertrauert.
Musik von Clara Luzia
Das Kollektiv hat schon in unterschiedlichen Konstellationen zusammen gearbeitet; auch abseits konkreter Projekte halten die Schauspielerinnen regen Kontakt, unterstützen sich gegenseitig bei Casting-Vorbereitungen.
Die Musik zur Serie liefert Clara Luzia, „eine liebe Freundin von uns“, auch den „grandiosen Schluss-Song“hat sie komponiert. „Als Kind hast dir dacht, des ist ja g’schissen“, heißt es darin, „als Erwachsene hast dir des auch dacht, aber trotzdem g’macht“. Als expliziten Kommentar auf AMSSchulungsmaßnahmen will Kottal die „Maßnahme“dabei nicht verstanden wissen. Eher gehe es „um Obrigkeitshörigkeit. Was von oben kommt, wird nicht hinterfragt, weil man davon abhängig ist, und weil man sich denkt, dass sich schon jemand was dabei gedacht hat. Oder halt auch nicht.“
Jobs sind übrigens immer noch keine in Aussicht. Das Trash-Musical „Horses“, in dem Kottal und Lichtenberger hätten auftreten sollen, wurde auf nächstes Jahr verschoben, Kottals Sommer-Dreh ebenso. „Wir haben bis jetzt fast alle nichts zu tun.“Das C-Wort, „das eh schon jedem zum Hals raus hängt“, komme in der Serie trotzdem mit keinem Wort vor.