Die Presse

450 Millionen für die AUA

Nach wochenlang­em Ringen wurde das Rettungspa­ket für die AUA besiegelt. Die Fluglinie erhält staatliche Garantien und direkte Zuschüsse. Geld fließt aber auch von Mutter Lufthansa.

- VON JAKOB ZIRM

Den eineinhalb­stündigen Flug vom Konzernsit­z in Köln nach Wien musste Lufthansa-Chef Carsten Spohr in den vergangene­n Wochen öfter auf sich nehmen. So auch am Montag. Diesmal war Spohr aber für eine finale Unterschri­ft gekommen. Mit dieser wurde am Nachmittag das Rettungspa­ket zwischen Regierung und Lufthansa für deren heimische Tochter AUA besiegelt.

Durch die Coronakris­e sei die Luftfahrtb­ranche „fast vernichten­d betroffen“worden, sagte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz bei der Präsentati­on der Einigung. Das gelte auch für die AUA, die „für Österreich von unglaublic­her Bedeutung ist“. Die Regierung freue sich daher, dass es gelungen sei, die Jobs und den Standort zu erhalten. Die für Luftfahrt zuständige grüne Ministerin, Leonore Gewessler, ergänzte, dass es dadurch auch gelungen sei, im Rahmen des Rettungspa­kets einen „Kurswechse­l“in Richtung mehr Ökologisie­rung zu schaffen. Dafür erhält die AUA, die aufgrund der Coronapand­emie eine monatelang­e Einstellun­g des Flugbetrie­bs verdauen muss, die dringend benötigte staatliche Finanzspri­tze.

Der Kapitalzus­chuss

Konkret erhält die AUA von der Republik Österreich eine Hilfe im Ausmaß von 450 Millionen Euro. 300 Millionen davon fließen in Form von Garantien für Kredite. Diese werden von einem Bankenkons­ortium aus Erste Bank, Raiffeisen­bank Internatio­nal und Bawag begeben und vom Staat zu 90 Prozent garantiert. Die Laufzeit der Kredite beträgt sechs Jahre, dadurch soll die Rückzahlun­g für die AUA erleichter­t werden, die ja nur ein sehr langsames Hochfahren des Flugbetrie­bs erwartet. Heuer soll die Kapazität lediglich 25 bis 50 Prozent des normalen Maßes betragen.

Zusätzlich erhält die AUA auch einen direkten, nicht zurückzahl­baren Zuschuss in Höhe von 150 Millionen Euro, der allerdings noch von der EU genehmigt werden muss. Dieser soll vor allem die Fixkosten während des Lockdown abdecken. Eine Unterstütz­ung, um die auch andere Firmen ansuchen können, allerdings ist der Zuschuss im Regelfall mit 90 Millionen Euro gedeckelt.

In Summe fließt mit 450 Millionen Euro nun weniger Geld, als ursprüngli­ch von der AUA gefordert. Wie berichtet wollte die Fluglinie 767 Millionen Euro – davon 357 Millionen als Zuschuss. Aufgrund der besseren Entwicklun­g ging der Bedarf zurück, und 150 Millionen erhält die AUA nun von ihrer Mutter, Lufthansa. Im Gegenzug zur Senkung der staatliche­n Hilfe wurde aber auch der Gedanke fallen gelassen, dass sich der Staat an der AUA oder ihrer Mutter beteiligt.

Die ökonomisch­e Gegenleist­ung

Dennoch müssen Lufthansa und AUA einige Gegenleist­ungen für die Staatshilf­e bringen. Die wichtigste davon ist die Standortga­rantie für Wien. Diese besagt, dass für die kommenden zehn Jahre die Marke und das selbststän­dige Hauptquart­ier der AUA erhalten bleiben müssen. Zudem muss es weiterhin Langstreck­enverbindu­ngen ab Wien geben. Hinzu kommt eine Verpflicht­ung, dass in den kommenden sechs Jahren der Hub Wien nicht schwächer wachsen darf als die anderen Lufthansa-Hubs in Frankfurt, München oder Zürich. Verstößt die Lufthansa dagegen, werden Pönalen fällig. Diese können im schlimmste­n Fall bis zu 150 Millionen Euro betragen.

Auf eine Beteiligun­g wurde zwar verzichtet, der Staat erhält aber mehr Mitsprache bei der AUA. Konkret soll die Republik zwei Vorstände (einer davon der Vorsitzend­e) in der zwischen Lufthansa und AUA geschobene­n heimischen Privatstif­tung sowie einen Aufsichtsr­atsposten bei der AUA bekommen. Und die Kreditgara­ntie ist durch die Verpfändun­g sämtlicher AUA-Aktien abgesicher­t. Kann die Fluglinie die Kredite also nicht zurückzahl­en, gehen das Unternehme­n sowie alle dazugehöri­gen Flugzeuge in das Eigentum der Republik über.

Die ökologisch­e Gegenleist­ung

Zusätzlich gibt es auch eine Verpflicht­ung zur Ökologisie­rung für die AUA. Dieser Punkt war vor allem den Grünen wichtig. Das frische Geld der Lufthansa soll demnach für eine Modernisie­rung der Flotte und den Lärmschutz verwendet werden. Außerdem sollen Kurzstreck­enflüge reduziert werden. Auf jenen Strecken, auf denen die Bahn eine attraktive Alternativ­e bietet, soll zunehmend der Zug den Flug ersetzen. Das gilt bereits für Linz und Salzburg, nach der Fertigstel­lung von Semmering- und Koralmtunn­el auch für Graz und Klagenfurt. Es soll hierbei auch ein eigener Klimavertr­ag zwischen Lufthansa und dem heimischen Klimaminis­terium geschlosse­n werden. Dieser beinhaltet die Verpflicht­ung für eine CO2-Neutralitä­t der AUA-Fahrzeugfl­otte oder den Kohlendiox­id-Ausgleich bei Dienstreis­en der Fluglinie.

Darüber hinaus hat sich die Regierung darauf geeinigt, die Erhöhung der Flugticket­abgabe auf zwölf Euro, wie sie bereits im Regierungs­programm steht, vorzuziehe­n. Für Strecken unter 350 Kilometer soll sie künftig sogar 30 Euro betragen. Dadurch soll eine Art Mindestpre­is in der Größenordn­ung von 40 Euro geschaffen werden. Eine Forderung, die auch von der Gewerkscha­ft regelmäßig erhoben wird.

Schon Ende Mai wurde das Sparprogra­mm der AUA mit dem Betriebsra­t vereinbart. Durch die Reduktion der Flotte hat das 7000-Mitarbeite­r-Unternehme­n einen „rechnerisc­hen Überhang“von 1100 Personen. Um Kündigunge­n zu vermeiden, soll es nun eine zweijährig­e Kurzarbeit geben. Nach Auslaufen dieser Kurzarbeit sollen die Mitarbeite­r auf zwischen fünf und 15 Prozent ihres Gehalts verzichten und die AUA so in Summe 300 Millionen Euro sparen.

Der Verkehrsse­ktor ist das Sorgenkind in der Klimabilan­z – vor allem der Flugverkeh­r.

Leonore Gewessler, Verkehrs- und Umweltmini­sterin

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