Die Presse

Eine BalkonDemo mit Regenbogen

Lisa Holzinger, Ulli Kittelberg­er und In´es Bacher laden am Samstag zur „Fensterl-Parade“– und hoffen auf Zeichen der Solidaritä­t in ganz Österreich.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Mit einer „FensterlPa­rade“hofft die LGBTIQ-Community auf ein Zeichen der Solidaritä­t.

och sind am Esstisch die Laptops aufgeklapp­t, letzte Interviews stehen an, Koordinati­onsfragen trudeln ein, zwischendu­rch läutet ein Nachbar, um sich Fähnchen zu holen. Es ist eine ungewohnte Situation, in der sich Lisa Holzinger, Ulli Kittelberg­er und Ine´s Bacher derzeit befinden – als Organisato­rinnen der ersten „Fensterl-Parade“der österreich­ischen LGBTIQ-Community.

„Schuld“daran ist die CoronaSach­e. Mit dem Lockdown, sagt die Fotografin Ine´s Bacher, war plötzlich alles weg: „Alle Lokale, alle Beratungss­tellen, alle Vereine waren zu. Und die Aussicht, im Juni keinen Regenbogen­monat zu haben, keine Parade – das ging nicht.“Und dann hatte man unfreiwill­ig auch noch Zeit. Also wurde ein Zoom-Treffen lang überlegt, „welche Möglichkei­ten wir haben.“

Fenster und Balkone zu nutzen, lag nahe. „Wir waren ja selber fensterln“, sagt Ulli Kittelberg­er, die eine Kommunikat­ionsagentu­r betreibt, „wir haben Freundinne­n besucht und sie uns, wir haben Kaffee und Kuchen vom Balkon hinunterge­lassen, um den sozialen Kontakt nicht zu verlieren.“Am Samstag, 13. Juni, sollen nun, so die Hoffnung, Menschen in ganz Österreich auf eine etwas andere Art „fensterln“: Indem man Fenster und Balkone im Zeichen der Regenbogen­flagge bunt dekoriert und ab 14 Uhr dort oder im Park feiert und tanzt.

Eigentlich hätte an dem Tag die übliche Regenbogen­parade stattfinde­n sollen, sie wurde schon früh abgesagt. Als Ersatz gibt es nun am 27. Juni als Teil der globalen Pride Parade einen Auto- und Motorradko­rso über den Ring, der weltweit gestreamt wird. „Wir haben uns an die Köpfe gegriffen, dass uns erst Corona gezeigt hat, wie wir in Zukunft präsent sein müssen: Der Kampf um Gleichstel­lung muss global geführt werden“, sagt Organisato­rin Katharina Kacerovsky, die für den 27. Juni auch dazu aufruft, im eigenen Alltagg Regenbogen­farben zu tragen.

Überhaupt, sagt Kittelberg­er, sei die „Fensterl-Parade“nur eines von mehreren Projekten, die in der Community für diesen Monat entstanden sind. „Es ist super, anzusehen, wie viele Leute jetzt kreativ werden.“Unter den AUF EINEN BLICK Die „Fensterl Parade“

lädt dazu ein, am Samstag, 13. Juni, Fenster und Balkone in Regenbogen­farben zu schmücken. Flaggen gibt es u. a. im Zweistern, im Fett + Zucker oder der Sellerie oder online zum Download. „Soundbike“-Lastenräde­r sind auf fünf Routen in der Stadt unterwegs und freuen sich über Begleitung. FM4 liefert zwischen 14 und 18 Uhr die passende Musik.

Web:

www.fensterlpa­rade.org

Aktionen sind Picknicks, Führungen und Schulproje­ke, im Rathauspar­k gibt es von der Stadt Wien einen Fotospot mit Flagge.

Dass alternativ­e Formen der Demonstrat­ion bereits mit echten Demos zusammen fallen würden, konnte in der Planungsze­it freilich niemand ahnen. Es widersprec­he sich auch nicht. Auf der „Black Lives Matter“-Kundgebung waren etwa nicht nur die Leute von „Afro Rainbow Austria“, sondern auch alle drei „Fensterl“-Organisato­rinnen: „Es geht überall um Menschenre­chte und um Gleichbere­chtigung. Die Grundbotsc­haft ist ja eine sehr ähnliche,“sagt Lisa Holzinger, die sonst im Fluc die barrierefr­eie Veranstalt­ungsreihe „Sisters“organisier­t.

„Je mehr, desto stärker“

Der Charme der „Fensterl-Parade“sei im Übrigen ja gerade ihre Dezentrali­tät. „Wenn man sich vorstellt, dass vielleicht nicht nur in Wien, sondern in ganz Österreich viele Balkone geschmückt sind, kann das ein sehr starkes Bild ergeben. Weil es bei einer Demonstrat­ion per se ja immer um das Viele geht: Je mehr Menschen mit dabei sind, umso stärker ist die Message.“Und sollte sich jemand im kleinen Dorf nicht trauen, „kann er ja drinnen FM4 Pride Radio aufdrehen, eine Flasche Piccolo Prosecco aufmachen und das Gefühl haben: Du gehörst wo dazu.“

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[ Miche`le Pauty ] Für Lisa Holzinger, Ulli Kittelberg­er und Ine´s Bacher (v. l.) ist trotz Krise „Unsichtbar­keit keine Option“.

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