China will ein Exempel an Australien statuieren
Analyse. Australien wird zwischen der militärischen Schutzmacht USA und dem Handelspartner China zerrieben. Nun erhöht Peking mit Importverboten für Rindfleisch und Tarifaufschlägen den Druck.
Sidney. Die Beziehungen zwischen Australien und China haben eine Tiefpunkt erreicht. Inzwischen warnt China seine Bürger vor Reisen nach Down Under und rät von einem Studium an australischen Universitäten ab. Grund sei eine Zunahme rassistischer Übergriffe auf Chinesen – was die australische Regierung bestreitet. Nach diplomatischen Wortgefechten haben die Chinesen zudem hohe Tarife auf australische Gerste erhoben und untersagen den Import von Rindfleisch aus vier australischen Schlachthöfen.
Noch ist China Australiens wichtigster Handelspartner, doch Berichte über Hackerangriffe und Spionage in Australien belasten das Verhältnis. Auch die Entscheidung Australiens, dem chinesischen Technologieunternehmen Huawei die Errichtung der mobilen 5G-Infrastruktur wegen nationaler Sicherheitsbedenken zu verbieten, war ein wesentlicher Reibungspunkt.
Auslöser für die derzeitige Verstimmung ist die Forderung der australischen Regierung nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung des Ursprungs des Coronavirus. Chinesische Staatsmedien bezeichneten Australien daraufhin als „Riesenkänguru, das sich als Wachhund der USA“gebärde – sprich: Australien „kläffe“nur nach, was der große Bruder Amerika von ihm verlange.
Peter Jennings, der Direktor des Australian Strategic Policy Institute in Canberra, schreibt in einem Kommentar, dass die australische Politik zu lang weggeschaut habe. Man habe „das schlechte Verhalten“ der Kommunistischen Partei Chinas – von Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Cyberspionage im industriellen Maßstab und Einschüchterung australisch-chinesischer Bürger – ignoriert, um seine „wirtschaftliche Pipeline“nach China nicht zu beschädigen. Jennings unterstützt die härtere Linie, die Canberra seit einigen Wochen zu fahren scheint.
Am Scheideweg
Laut Hugh White, einem Strategieexperten an der australischen Nationaluniversität in Canberra, will Peking an Australien ein Exempel statuieren, um zu zeigen, „dass es nicht die Vorteile einer engen wirtschaftlichen Beziehung zu China genießen und gleichzeitig Washingtons neue harte Linie gegen China unterstützen kann“. Den alleinigen Beitritt des australischen Bundesstaats Victoria zu Chinas Belt and Road Initiative (BRI) sieht White als einen chinesischen Schachzug, um Zwist innerhalb Australiens und auch beim Verbündeten USA zu säen.
Australien steht am Scheideweg: Oberste Priorität für die Regierung müsse sein, die Abhängigkeit von China zu verringern, findet Jennings. Auch der Strategieexperte White drängt auf eine Umgestaltung der internationalen Beziehungen: „Vielen Menschen scheint klar, dass wir uns auf die Seite der Amerikaner stellen sollten, um unsere Sicherheit zu gewährleisten – auch wenn das auf Kosten unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten mit China gehen sollte.“Es gebe jedoch keinen Grund anzunehmen, dass die USA den Wettbewerb mit China um die strategische Vorherrschaft im Pazifik gewinnen werden.