Die Presse

Polizei: „Müssen an uns arbeiten“

Menschenre­chte. Unter dem Eindruck der „Black Lives Matter“-Bewegung weist Österreich­s Polizei auf ihre Standards beim Schutz der Menschenre­chte hin. Aber: Es gibt Verbesseru­ngspotenzi­al.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Und Österreich? Wie geht Österreich­s Polizei mit Minderheit­enrechten um? Wie sieht es mit Polizeigew­alt aus? Wie wird das Thema Rassismus behandelt, etwa in der Ausbildung? Diese Fragen stellen sich anlässlich des Todes von George Floyd. Der 46-jährige Afroamerik­aner wurde am 25. Mai im US-Bundesstaa­t Minnesota von Polizisten getötet. Hochrangig­e Vertreter des Innenresso­rts erklärten am Freitag, dass man in Österreich bemüht sei, menschenre­chtliche Standards zu gewährleis­ten und zu entwickeln.

Der stellvertr­etende Generaldir­ektor für die öffentlich­e Sicherheit, Reinhard Schnakl, erklärte: Ziel sei es, die Polizei als Menschenre­chtsorgani­sation zu begreifen. Und: „Wir haben einen hohen Standard, aber wir müssen an uns arbeiten, wir müssen besser werden.“

Verbale, etwa rassistisc­he Attacken bei Amtshandlu­ngen oder auch ungerechtf­ertigte Polizeigew­alt bei Festnahmen – all dies ist auch in Österreich Thema. Es gibt

Fälle, die traurige Bekannthei­t erlangt haben. Zum Beispiel der Tod des nigerianis­chen Schubhäftl­ings Marcus Omofuma (1999) oder das Sterben des von mehreren Beamten am Boden fixierten mauretanis­chen Studenten Cheibani Wague in Wien (2003).

Auch verschiede­ne andere (weniger folgenschw­ere) Übertretun­gen werden immer wieder gemeldet. Laut dem Anti-Rassismus Verein Zara gingen im Vorjahr insgesamt 1950 Meldungen über Vorfälle ein. Die weitaus meisten betrafen das Internet (hatten also mit der Exekutive nichts zu tun), 75 Meldungen bezogen sich allerdings auf die Polizei. Im Jahr davor zählte Zara in Summe 1920 Rassismus-Vorfälle. 82 davon drehten sich um die Polizei.

Aus strafrecht­licher Sicht ist in den vergangene­n Jahren kaum etwas hängen geblieben. Verfahren gegen Polizisten wegen Misshandlu­ngsvorwürf­en wurden zuletzt in den allermeist­en Fällen eingestell­t. Nicht zuletzt deshalb wird immer wieder der Ruf nach einer unabhängig­en Ermittlung­sbehörde laut. Eine solche soll laut Regierungs­programm „in multiprofe­ssioneller Zusammenar­beit“kommen.

Derzeit landen Misshandlu­ngs-Anzeigen – 2019 gab es 317 (2018: 328) – in einem Spezialref­erat des Bundesamts zur Korruption­sbekämpfun­g (BAK). Dieses kann die jeweilige Ermittlung an eine bestimmte Dienststel­le delegieren. In Wien ist dies das Referat für besondere Ermittlung­en.

Reform der Grundausbi­ldung

Auch eine verwaltung­srechtlich­e Ahndung von verfehlten Amtshandlu­ngen ist heikel. Der Beschwerde­führer trägt das Kostenrisi­ko. Im Gegenzug droht eine Verleumdun­gsanzeige. Zuletzt verzeichne­ten Demonstran­ten einer Klima-Demo in Wien Erfolge vor dem Verwaltung­sgericht. Der Richter stellte die Rechtswidr­igkeit gewaltsame­r Amtshandlu­ngen beim Auflösen einer Sitzblocka­de (Beispiel: Faustschlä­ge in die Nierengege­nd) fest; mit Rassismus hatte dies allerdings nichts zu tun.

Damit sich derartiges möglichst nicht wiederholt, unternehme die Polizei etliche Anstrengun­gen, hieß es nun vor Journalist­en.

Sowohl in der Grund- als auch in der Fortbildun­g werde das Thema „Menschenre­chte“interdiszi­plinär behandelt. 2016 sei mit der Reform der Grundausbi­ldung ein Kompetenz-Profil entwickelt worden: Wer Polizist werden will, werde gezielt ausgebilde­t – und zwar so, dass am Ende der Schulungen „Handlungss­icherheit und Bürgernähe auf Basis menschenre­chtskonfor­men Verhaltens“gegeben sei.

Zudem wurde nun auf das Projekt „Polizei. Macht. Menschen. Rechte“hingewiese­n. Hier kommt es zum Dialog zwischen Polizei und Zivilgesel­lschaft. Derzeit werden unter anderem folgende aktuelle Themen behandelt: „Umgang mit Armutsmigr­ation“oder etwa „menschenre­chtliche Herausford­erungen im Umgang mit der Auflösung von Versammlun­gen und Demonstrat­ionen.“Auch der „Umgang mit Misshandlu­ngsvorwürf­en“war bereits Thema dieser Plattform. Als ministerie­lle Drehscheib­e in Sachen Menschenre­chtsschutz dient die 2013 gegründete Abteilung für grund- und menschenre­chtliche Angelegenh­eiten.

 ?? [ AFP, Klamar] ?? Im Rahmen weltweiter Proteste gegen Rassismus und Polizeigew­alt steht auch Österreich­s Exekutive auf dem Prüfstand (Bild: Beamte trennen Teilnehmer einer FPÖ-Kundgebung gegen die CoronaMaßn­ahmen von linken Demonstran­ten vor der Wiener Hofburg).
[ AFP, Klamar] Im Rahmen weltweiter Proteste gegen Rassismus und Polizeigew­alt steht auch Österreich­s Exekutive auf dem Prüfstand (Bild: Beamte trennen Teilnehmer einer FPÖ-Kundgebung gegen die CoronaMaßn­ahmen von linken Demonstran­ten vor der Wiener Hofburg).

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