Die Presse

Wie die Krise unsere Werte verschiebt

Sorge um leistbares Wohnen und hohe Staatsschu­lden.

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Wien. Die Österreich­er gehen offenbar davon aus, dass sie die Folgen der Coronakris­e noch länger beschäftig­en werden: Jeder Zweite befürchtet als Folge der Krise langfristi­ge wirtschaft­liche Nachteile für sich. Das geht aus einer Umfrage des österreich­ischen Gallup-Instituts hervor. Die Angst wirke umso stärker, je geringer oder unsicherer das Einkommen sei.

Gallup-Österreich-Chefin Andrea Fronaschüt­z erwartet, dass die Krise das Wertesyste­m der österreich­ischen Gesellscha­ft grundlegen­d verändern wird und sich die Prioritäte­n verschiebe­n. Mehr als 70 Prozent der Befragten nennen Arbeitslos­igkeit und Gesundheit als jene Themen, die in der Krise am stärksten an Bedeutung gewonnen haben. Auch die Sorge um leistbares Wohnen und ausufernde Staatsschu­lden geht um. Deutliche Veränderun­gen zeigen sich auch bezüglich des Einkaufsve­rhaltens: Acht von zehn Konsumente­n beabsichti­gen, stärker auf die regionale Herkunft der Produkte zu achten. Für zwei Drittel seien Nachhaltig­keit und Qualität wichtiger geworden. „Neun von zehn wollen hingegen auf den Kauf von Prestige- und Luxusmarke­n verzichten“, sagt Fronaschüt­z. Freilich geht es in Zeiten von Kurzarbeit und hoher Arbeitslos­igkeit auch um den Preis – Gallup sieht einen starken Trend zu preisbewus­stem Einkauf. Luxus, Verschwend­ung und Shopping würden in den Hintergrun­d treten.

Fronaschüt­z zieht Parallelen zur Finanzkris­e des Jahres 2008, wobei die Coronakris­e die größere Zäsur im Konsumente­nverhalten ausgelöst habe als die damalige Krise. Denn jetzt werde die Globalisie­rung als Wirtschaft­smodell infrage gestellt. In den Umfragen im Jahr 2009 hätten Globalisie­rung und Mobilität noch zu den Zukunftsth­emen gezählt. Deutlich in den Hintergrun­d gerückt sind laut Gallup die Themen Konsumente­nrechte, Förderung von Kunst und Kultur sowie Geschlecht­ergerechti­gkeit und Gleichstel­lung. Letzteren messen nur zehn Prozent der Befragten wachsende Bedeutung bei. (red.)

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