Die Presse

Corona bringt auch Gewinner her

Erhebung. Die Aktienrend­iten entwickelt­en sich laut BCG besser als während der Finanzkris­e.

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Wien. Die Coronakris­e war und ist für alle Unternehme­n eine große Herausford­erung. Für manche Betriebe ist die Belastung aber deutlich größer als für andere. Wie schlimm es um einzelne Branchen bestellt ist, lässt sich an der Börse jedoch leicht nachvollzi­ehen.

Demnach erwischte es in den ersten fünf Covid-19-Monaten die Reise-, Versicheru­ngsindustr­ie und den Modehandel in Sachen Aktienrend­ite (Total Shareholde­r Return) am härtesten. Diese Branchen kamen auch in den ersten fünf Monaten der Finanzkris­e gehörig unter die Räder – nur gab es damals Sektoren, denen es noch schlechter ging. Das geht aus einer Erhebung des Beraters BCG hervor, für die rund 2400 Unternehme­n abseits der Finanzbran­che unter die Lupe genommen wurden. Als weltweite Krisengewi­nner erwiesen sich diesmal die Biopharma,- und Medizintec­hnikbranch­e, aber auch die Technologi­e. Was freilich auch damit zu tun hat, dass die Coronakris­e eine Gesundheit­skrise ist und der Markt auf einen Impfstoff oder ein Medikament gegen die Lungenerkr­ankung hofft. Auch fanden keine Reisen statt, weshalb Geschäftsk­ontakte via Internet gepflegt wurden.

Zwar war der coronabedi­ngte Absturz an der Börse diesmal schneller als nach der Finanzkris­e, aber weit weniger heftig. Das spiegelt sich auch in den Aktienrend­iten wider: Diese sanken zwischen Jänner und Anfang Juni um knapp sechs Prozent, während der Wert zu Beginn der Finanzkris­e um gut ein Drittel nachgab.

Vielen Unternehme­n hing die Finanzkris­e noch lang nach, doch gab es auch solche, die gestärkt aus der Zeit hervorging­en – selbst wenn sie härter getroffen wurden als andere. Das lag laut BCG stets an der konsequent­en und frühen Reaktion des Management­s. Dieses kümmerte sich rechtzeiti­g um ausreichen­d Liquidität und leitete (auch schmerzhaf­te) Kostensenk­ungsmaßnah­men ein. Unternehme­n, die hier rascher als andere eingriffen, konnten sich einen Wettbewerb­svorteil verschaffe­n, der über die Jahre erhalten blieb. „Radikale Maßnahmen werden auch vom Kapitalmar­kt honoriert“, sagt BCG-Restruktur­ierungsexp­erte Ralf Moldenhaue­r. Er rät: „Sofortmaßn­ahmen statt Winterschl­af.“Laut Angaben der Berater lag die Ebitda-Marge der Krisengewi­nner deutlich über jener der Vergleichs­basis.

Was dauerhaft anders wird

Wie viele Unternehme­n diese Krise überhaupt überleben werden, steht allerdings noch nicht fest.

Aber. „Die Großen werden dazu eher in der Lage sein, auch weil sie andere Risikomana­gementsyst­eme haben“, sagt BCG- Deutschlan­dChef Matthias Tauber. Ein Großbetrie­b könne Einzelnes leichter aufgeben, da er in der Regel mehrere Einnahmequ­ellen besitzt. Und: Unternehme­n mit einem robusten Geschäftsm­odell kommen gut durch die Krise, unabhängig von ihrer Kapitalstr­uktur.

Doch wird die Coronakris­e zu Veränderun­gen führen, glaubt man bei BCG, und zwar zu dauerhafte­n. Das werde den Handel, den Immobilien­markt und die Reisebranc­he betreffen. So werde im Handel nun die Tendenz zu Online- Einkäufen verstärkt. Viele Unternehme­n prüfen derzeit, wo sie den Vertrieb mit Außendiens­t-Mitarbeite­rn durch Onlineterm­ine ersetzen könnten. Auch Geschäftsr­eisen werden reduziert. (nst)

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