Ein Heldenbariton gerät beim Liedgesang in Not
Konieczny sang in der Staatsoper Strauss, Twardowski, Rachmaninow – mit unterschiedlicher Fortune.
Quod licet Iovi, non licet bovi, lautet ein lateinisches Sprichwort. Für Tomasz Konieczny, Wiener Publikumsliebling nicht nur, aber besonders auch als Wotan vom Dienst, muss man die Übersetzung gar nicht altnordisch umdichten. Denn auch den Jupiter hat er längst gesungen, in Richard Strauss’ „Liebe der Danae“– mit nicht minder beherrschendem Heldenbariton, der von der kernigen Tiefe bis zur durchschlagskräftigen Höhe durch Mark und Bein dringt. Aber zugleich mit oft greller Tongebung und abenteuerlichen Vokalverfärbungen, die seinen Interpretationen etwas Grobschlächtiges geben. Die Fans stört das nach wie vor kaum. Was also diesem Jupiter erlaubt ist, wäre dem Ochsen gewiss verwehrt, wenn er sich gleichfalls an den Liedgesang wagte.
Beim anfänglichen Dutzend beliebter Strauss-Lieder wurde nämlich rasch klar, wie gut Koniecznys Stimme die orchestrale Hülle und Grundlage Wagner’scher und Strauss’scher Prägung tut, die sie trägt und ihr schmeichelt. Wird er bloß vom Klavier unterstützt, hört man seine Schwächen noch deutlicher. Noch dazu, wenn ein so einfühlsamer Pianist wie Lech Napierała am Werk ist. Dieser hat die ironisch-bange Frage des legendären Gerald Moore verinnerlicht: „Bin ich zu laut?“Nein, das war Napierała nicht, er blieb auch dort dienstbarer Geist und uneitle Stütze, wo man ihm selbst wie auch der Musik durchaus mehr Rampenlicht gegönnt und gewünscht hätte.
Am besten bei Rachmaninow
So zeigte sich, dass Konieczny eher jene Lieder lagen, in denen es auf große vokale Geste und deklamatorische Prägnanz ankommt,oder wo dergleichen zumindest passt. Freilich, der Vortrag war intelligent aus dem Text abgeleitet, die Phrasierung oft eindrucksvoll weiträumig, und in „Cäcilie“klingelten einem die Ohren vor so viel unerschütterlicher Klangmacht. Aber es dauerte lang, bis sich sein Piano von bloß kehlig gedrosselten, seltsam unterdrückten Tönen zu konzentriertem Klang entwickelte. Das besserte sich nachhaltig erst bei drei Liedern seines polnischen Landsmanns Romuald Twardowski sowie vor allem in Romanzen Rachmaninows.