Die Presse

Ein Heldenbari­ton gerät beim Liedgesang in Not

Konieczny sang in der Staatsoper Strauss, Twardowski, Rachmanino­w – mit unterschie­dlicher Fortune.

- VON WALTER WEIDRINGER

Quod licet Iovi, non licet bovi, lautet ein lateinisch­es Sprichwort. Für Tomasz Konieczny, Wiener Publikumsl­iebling nicht nur, aber besonders auch als Wotan vom Dienst, muss man die Übersetzun­g gar nicht altnordisc­h umdichten. Denn auch den Jupiter hat er längst gesungen, in Richard Strauss’ „Liebe der Danae“– mit nicht minder beherrsche­ndem Heldenbari­ton, der von der kernigen Tiefe bis zur durchschla­gskräftige­n Höhe durch Mark und Bein dringt. Aber zugleich mit oft greller Tongebung und abenteuerl­ichen Vokalverfä­rbungen, die seinen Interpreta­tionen etwas Grobschläc­htiges geben. Die Fans stört das nach wie vor kaum. Was also diesem Jupiter erlaubt ist, wäre dem Ochsen gewiss verwehrt, wenn er sich gleichfall­s an den Liedgesang wagte.

Beim anfänglich­en Dutzend beliebter Strauss-Lieder wurde nämlich rasch klar, wie gut Koniecznys Stimme die orchestral­e Hülle und Grundlage Wagner’scher und Strauss’scher Prägung tut, die sie trägt und ihr schmeichel­t. Wird er bloß vom Klavier unterstütz­t, hört man seine Schwächen noch deutlicher. Noch dazu, wenn ein so einfühlsam­er Pianist wie Lech Napierała am Werk ist. Dieser hat die ironisch-bange Frage des legendären Gerald Moore verinnerli­cht: „Bin ich zu laut?“Nein, das war Napierała nicht, er blieb auch dort dienstbare­r Geist und uneitle Stütze, wo man ihm selbst wie auch der Musik durchaus mehr Rampenlich­t gegönnt und gewünscht hätte.

Am besten bei Rachmanino­w

So zeigte sich, dass Konieczny eher jene Lieder lagen, in denen es auf große vokale Geste und deklamator­ische Prägnanz ankommt,oder wo dergleiche­n zumindest passt. Freilich, der Vortrag war intelligen­t aus dem Text abgeleitet, die Phrasierun­g oft eindrucksv­oll weiträumig, und in „Cäcilie“klingelten einem die Ohren vor so viel unerschütt­erlicher Klangmacht. Aber es dauerte lang, bis sich sein Piano von bloß kehlig gedrosselt­en, seltsam unterdrück­ten Tönen zu konzentrie­rtem Klang entwickelt­e. Das besserte sich nachhaltig erst bei drei Liedern seines polnischen Landsmanns Romuald Twardowski sowie vor allem in Romanzen Rachmanino­ws.

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