Rosig sieht anders aus
„der afrikaner im steireranzug“: Anna Mwangis Roman über eine Frau, die sich nicht unterkriegen lassen will.
Anna Mwangi legt mit dem „afrikaner im steireranzug“eine Erzählung vor, die zeigt, wie verwoben die Schicksale von Menschen aus verschiedensten Kulturen sein können – und dass wir alle auf gewisse Art und Weise ein Spiegel füreinander sind.
Der Inhalt des Romans ist leicht zusammengefasst: Etelka, die Protagonistin, ist eine Frau der besonderen Art. Denn nicht nur hat sie sich gegen den Willen ihrer Eltern durchgesetzt und John geheiratet, einen aus Kenia stammenden Technikstudenten – nein, sie ist es auch, die diesen immer wieder an der Hand hält, wenn er sich bemüht, seine Alkoholsucht durch Entzug zu heilen.
Daneben „schupft“die starke Hauptakteurin der Geschichte auch noch den Haushalt und bemüht sich um einen recht unkomplizierten Umgang mit ihrem Adpotivsohn – und bringt auch noch das Geld nach Hause. Der Arbeitsalltag in der Schule ist alles andere als rosig für Etelka: Die Teenager, die sie betreut, sind angriffslustig und anstrengend. Immer wieder wird ihr schwarz vor den Augen, wenn sie unterrichtet.
Des Weiteren plagen sie auch noch intensive Schuldgefühle, denn Etelka hat ein Kind mit Downsyndrom zur Welt gebracht – und es kurzerhand weggegeben, wohl wissend, das ein Leben mit einem alkoholkranken Partner zu gefährlich wäre. Und dann schleppt Etelka noch an ihrer Vergangenheit: Ihrer Mutter Ilona und ihrem Vater Janos gelang es, aus dem stalinistischen Ungarn zu entkommen. Etelka begibt sich auf Spurensuche und möchte mehr über den Gefängnisaufenthalt ihres Vaters erfahren, der im stalinistischen Regime offenbar von einem seiner Mitbrüder verraten worden ist. Diese „Seelenarbeit“strengt sie zusätzlich an. Überdies leidet sie an dem unguten Klima in dem Gemeindebau, in dem die Familie lebt: Dort „rät“man Etelka, sich mit ihrem alkoholkranken Gatten eine andere Bleibe zu suchen. Klug und klar gebaut
Mutig zeichnet Anna Mwangi das Bild einer Frau, die kämpft und sich vom Leben und seinen Wirren nicht unterkriegen lassen möchte. In formaler Hinsicht ist dieser Text klug und klar gebaut: Immer wieder kommt es in den einzelnen Kapiteln, die aus der Perspektive der unterschiedlichen Figuren wie in etwa John, Ilona oder Jonas gestaltet sind, zu Rückblenden, Einschüben und Erzählungen. Nicht nur Menschen und Orte sind ineinander verwoben wie verfilzte Haare, sondern auch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gehen ineinander über. Man würde sich deshalb auch auf sprachlicher Ebene solche Verwebungen wünschen; die bleiben aber aus. Dadurch wirkt der „Sound“des Textes oft ein wenig beliebig.
Was den Ton des Romans insgesamt betrifft: Witzig ist er nie. Nur hin und wieder hört man eine Form von beißender Satire, beispielsweise in der Szene, als Etelka sich ein Heim begibt, um ihren Sohn David zu adoptieren: „Die Kinder gehen hier weg wie warme Semmeln“, heißt es da aus dem Mund der Heimleiterin, und: „Sogar die Mischlinge!“
Das Buch ist voller Unmöglichkeiten, voll Einsamkeit und Traurigkeit. Die Figuren versuchen allesamt, ihr Leben zu meistern. Gegen Ende gipfelt der Roman – wie könnte es anders sein – in einer Tragödie. So stirbt John aufgrund seiner Alkoholsucht. Zurück bleibt Etelka, die sich schlafen legt wie eh und je, den Morgen erwartend. Das Buch endet mit wenig tröstlichen Worten: „Aber es kam niemand. Sie war allein.“