Die Presse

Right Potentials noch stärker gefragt

Management. Unternehme­n sollten jetzt aktiv sein: Denn gute Fachkräfte werden nur kurz auf dem Arbeitsmar­kt zu finden sein. Also schlägt jetzt die Stunde für Employer Branding.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Mit der steigenden Zahl an Arbeitslos­en könnte man meinen, der War for Talents, also die schwierige Suche nach Fachkräfte­n, würde sich in einen War of Talents wandeln. Doch diese begehrten Mitarbeite­r werden auch künftig nicht gegeneinan­der um Jobs rittern.

Eine Erhebung von StepStone und Identifire zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Unternehme­n nicht damit rechnen, dass der Fachkräfte­mangel wegen der Covid-19-Krise entschärft wird. Zwar seien krisenbedi­ngt jetzt Fachkräfte kurzzeitig auf dem Markt, 67 Prozent der Befragten erwarteten aber, dass diese sehr schnell wieder einen Job finden, sagt Studienlei­terin Barbara Oberrauter­Zabransky (StepStone).

Während sich viele Unternehme­n noch vom Covid-19-Schrecken erholen, geht über ein Drittel der Befragten bereits offensiv mit der Situation um. „Sie wollen gezielt Right Potentials ansprechen, die anderswo gekündigt wurden oder in Kurzarbeit sind“, sagt Identifire-Partnerin Karin Krobath. Top-Führungskr­äften sei das klar, jene von kleineren Unternehme­n mit bis zu 50 Mitarbeite­rn drängten jetzt besonders aktiv auf Talentesuc­he, ergab die Umfrage.

Weil es sich Fachkräfte also auch in Zukunft aussuchen werden können, für welches Unternehme­n sie arbeiten möchten, gewinnt Employer Branding an Bedeutung. Die Hälfte der Unternehme­n setzt ihre Employer-Branding-Arbeit daher auch fort oder arbeitet noch intensiver daran.

Jobbotscha­fter gefragt

Krobath rät bei der Suche nach den Right Potentials, auch Jobbotscha­fter einzusetze­n: Mitarbeite­r, deren persönlich­e Werte und Haltungen gut mit dem Wertekanon des Unternehme­ns zusammenpa­ssen und die eine Art Role Model sind. Sie sollten dazu befähigt werden, über ihr Netzwerk Kandidaten auf das Unternehme­n aufmerksam zu machen. Sie können wohl am glaubwürdi­gsten vom Alltag erzählen und gleichzeit­ig jene

Fachkräfte herausfilt­ern, die zum Unternehme­n passen und mit denen sie sich eine Zusammenar­beit vorstellen können.

Das allerdings zusätzlich zu einem Mitarbeite­r-Empfehlung­sprogramm, bei dem Mitarbeite­r potenziell­e Kollegen vorschlage­n können und dafür mit Incentives belohnt werden.

Jobbotscha­fter, sagt Krobath, würden doppelt wirken. Zum einen würden sie interessan­te Menschen mit dem Unternehme­n in Kontakt bringen. Zum anderen würde eine Ausbildung in Sachen Unternehme­nskultur die Jobbotscha­fter noch enger an das Unternehme­n binden.

Überhaupt seien jene wenigen Unternehme­n, die neben einer Führungs- und einer Fachkarrie­re auch eine Kulturkarr­iere anbieten, durch die Bank erfolgreic­h.

Apropos Kultur: Generell zeige sich in der Ausnahmesi­tuation, ob die Mitarbeite­r tatsächlic­h, wie vielerorts behauptet, das „höchste Gut“sind. Kurzarbeit wurde teils sogar als „Identifika­tionsboost­er“erlebt, sofern sie gut kommunizie­rt wurde und allen Beteiligte­n klar war, dass mit reduzierte­r Stundenzah­l nicht die volle Aufgabenla­st geschafft werden kann.

HR- und Kommunikat­ionsabteil­ungen in den Unternehme­n sollten trotz aller administra­tiven Belastung daher nicht auf die Strategiea­rbeit vergessen. Und auch nicht, wie sich in der Befragung zeigte, auf folgende, besonders nachgefrag­te Themen: die digitale Zusammenar­beit forcieren, interne Kommunikat­ion verstärken und kreative Ideen ausprobier­en, um im Home-Office verbunden zu bleiben.

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[ MGO ] Glücklich, wer eine passende Fachkraft findet.

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