Die Presse

Die Frau, der immer etwas einfällt

Porträt. Doris Pulker-Rohrhofer ist Geschäftsf­ührerin des Hafens Wien. Unter anderem. Immer ist es der Job der früheren ÖBB- und CAT-Managerin, Effizienze­n zu heben – und Ideen zu haben.

- VON ANDREA LEHKY

Von ihrem Fenster im obersten Stock des Hafen-WienGebäud­es blickt man über einen endlosen Parkplatz voller Neuwagen. Bis zu 9000 Pkw warten hier auf ihre künftigen Besitzer. Sie kommen mit dem Lkw oder per Bahn, sicher nicht mit dem Schiff. Man lernt: Der Hafen

Wien hat nicht notwendige­rweise mit Wasserfrac­ht zu tun.

Doris Pulker

Rohrhofer (52) ist seine Geschäftsf­ührerin.

Sie leitet dort auch die Terminal-Sped, eine

Spedition mit Zolldienst­leistungen. Und sie steht dem Aufsichtsr­at des Container-Terminals WienCont vor, einer Tochter des Hafens Wien. Sie schafft vieles auf einmal.

Pulker-Rohrhofers Thema sind Effizienzs­teigerunge­n. Das kann man sehr weit fassen. Bei den Kfz auf dem Parkplatz bedeutet es, die Lager- und Auslieferp­rozesse zu optimieren. Eine Software zum schnellen Auffinden eines bestimmten Wagens zu installier­en und Doppelglei­sigkeiten abzustelle­n. Da gab es wohl einige.

Es bedeutet auch, neue Dienstleis­tungen rund um das Kerngeschä­ft zu schaffen, „die Autos nicht nur zu lagern, auch zu waschen, bekleben, betanken, Erste-HilfePaket­e hineinzule­gen. Dienstleis­tungen für die Spediteure.“Nächste Beobachtun­g: Pulker-Rohrhofer ist gern innovativ unterwegs.

Beim Projekt „Hubert“zusammen mit dem Institut für Produktion­swirtschaf­t und Logistik der Boku Wien etwa tüftelt sie an der berühmten „letzten Meile“. Im Hafen wird massenhaft Ware angeliefer­t und abgeholt, viel zu oft jedes Paket einzeln. Jetzt wird gebündelt und konsolidie­rt, „nicht täglich ein Packerl“geholt. Das sei ja auch viel nachhaltig­er.

So wie die erste rein elektrisch­e Lieferung holländisc­her Blumen nach Wien. Statt mit wöchentlic­h 25 DieselLkw reisten sie mit E-Lkw und Bahn an. Es funktionie­rte prächtig, „aber die Dinge ändern sich nicht so schnell, wie man sich das wünscht. Ich konnte nur aufzeigen, dass es geht.“Man merkt, es ärgert sie.

Frau mit vielen Hüten

Die WU-Handelswis­senschaftl­erin (Spezialgeb­iet: Transportw­irtschaft und Umweltökon­omie) kommt gut mit vielen Hüten zurecht. Derzeit sind es nur drei, da geht noch mehr. Fast 20 Jahre durchlief sie bei den ÖBB so manche Funktion. Als junge Controller­in fragte sie der Personalch­ef, ob sie ein – Achtung, damals Modewort – Qualitätsm­anagement aufbauen wolle. „Was ist das bloß?“, dachte sie, während sie begeistert zusagte.

Über die Jahre schupfte sie Kundendien­st, Beschwerde­management, Fahrzeugpf­lege, die Leitung der nostalgisc­hen Erlebnisba­hn und gleichzeit­ig acht Jahre den Flughafene­xpress City Air Terminal, besser bekannt als CAT.

„Da waren viele Töpfe zu bedienen“, erinnert sie sich. Ihr Prinzip damals wie heute: klare Strukturen, Disziplin und Ordnung, partnersch­aftliche Führung, delegieren. „Ich hatte für jede Firma eine Lade im Schreibtis­ch, um alle auseinande­rzuhalten.“Das hat sie jetzt wieder.

Bruchkante

Mitte 40 stand sie an. Etwas Neues, etwas anderes wollte sie. Etwas ganz anderes. Sie verließ die ÖBB – „Es ist mir total gut gegangen damit. Aber vielleicht ist das historisch verklärt“– und begründete ein Start-up mit, das heute unter dem Namen Ponix Systems vertikale Indoor-Kräutergär­ten vertreibt. Doch in der „volatilen, männlichen Start-up-Welt“fand sie sich nicht wieder. Mann (sie war die einzige Frau dort) traf sich, trank zwei Stunden Kaffee und arbeitete bis Mitternach­t.

Es war nicht das Richtige. So landete sie 2016 beim Hafen Wien und damit in den verzweigte­n Strukturen der Wien Holding.

Europa und/oder Asien

2019 gehörte einer radikalen Umstruktur­ierung. Der Hafen Wien gab seine Gesellscha­ften in der Personensc­hifffahrt ab und stellte die Güterlogis­tik samt zugehörige­n Immobilien auf neue Beine. Es scheint sich rentiert zu haben: Der Umsatz kletterte um sieben Prozent auf 36,5 Millionen Euro, das Betriebser­gebnis um zwölf Prozent auf 3,6 Millionen Euro.

So lässt es sich den Nachwehen der Coronakris­e gelassen entgegenbl­icken. Das Containert­erminal wird gerade ausgebaut, dann können wöchentlic­h 130 statt 100 Züge abgewickel­t werden. Die Verträge mit den großen Reedereien stehen schon.

Als coronabedi­ngt die Ware aus Asien zurückging, die über Hamburg oder Rotterdam ankommt, zog die kontinenta­le Fracht aus Polen oder der Türkei an. Eines glich das andere aus – und Asien läuft ohnehin schon wieder an. Und man kann ja auch mit Containerh­andel und -reparatur Geschäft machen. Ihr wird schon etwas einfallen.

 ?? [ Hafen Wien ] ?? Daheim in einer Männerbran­che: Doris Pulker-Rohrhofer, Hafen Wien.
[ Hafen Wien ] Daheim in einer Männerbran­che: Doris Pulker-Rohrhofer, Hafen Wien.

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