Die Frau, der immer etwas einfällt
Porträt. Doris Pulker-Rohrhofer ist Geschäftsführerin des Hafens Wien. Unter anderem. Immer ist es der Job der früheren ÖBB- und CAT-Managerin, Effizienzen zu heben – und Ideen zu haben.
Von ihrem Fenster im obersten Stock des Hafen-WienGebäudes blickt man über einen endlosen Parkplatz voller Neuwagen. Bis zu 9000 Pkw warten hier auf ihre künftigen Besitzer. Sie kommen mit dem Lkw oder per Bahn, sicher nicht mit dem Schiff. Man lernt: Der Hafen
Wien hat nicht notwendigerweise mit Wasserfracht zu tun.
Doris Pulker
Rohrhofer (52) ist seine Geschäftsführerin.
Sie leitet dort auch die Terminal-Sped, eine
Spedition mit Zolldienstleistungen. Und sie steht dem Aufsichtsrat des Container-Terminals WienCont vor, einer Tochter des Hafens Wien. Sie schafft vieles auf einmal.
Pulker-Rohrhofers Thema sind Effizienzsteigerungen. Das kann man sehr weit fassen. Bei den Kfz auf dem Parkplatz bedeutet es, die Lager- und Auslieferprozesse zu optimieren. Eine Software zum schnellen Auffinden eines bestimmten Wagens zu installieren und Doppelgleisigkeiten abzustellen. Da gab es wohl einige.
Es bedeutet auch, neue Dienstleistungen rund um das Kerngeschäft zu schaffen, „die Autos nicht nur zu lagern, auch zu waschen, bekleben, betanken, Erste-HilfePakete hineinzulegen. Dienstleistungen für die Spediteure.“Nächste Beobachtung: Pulker-Rohrhofer ist gern innovativ unterwegs.
Beim Projekt „Hubert“zusammen mit dem Institut für Produktionswirtschaft und Logistik der Boku Wien etwa tüftelt sie an der berühmten „letzten Meile“. Im Hafen wird massenhaft Ware angeliefert und abgeholt, viel zu oft jedes Paket einzeln. Jetzt wird gebündelt und konsolidiert, „nicht täglich ein Packerl“geholt. Das sei ja auch viel nachhaltiger.
So wie die erste rein elektrische Lieferung holländischer Blumen nach Wien. Statt mit wöchentlich 25 DieselLkw reisten sie mit E-Lkw und Bahn an. Es funktionierte prächtig, „aber die Dinge ändern sich nicht so schnell, wie man sich das wünscht. Ich konnte nur aufzeigen, dass es geht.“Man merkt, es ärgert sie.
Frau mit vielen Hüten
Die WU-Handelswissenschaftlerin (Spezialgebiet: Transportwirtschaft und Umweltökonomie) kommt gut mit vielen Hüten zurecht. Derzeit sind es nur drei, da geht noch mehr. Fast 20 Jahre durchlief sie bei den ÖBB so manche Funktion. Als junge Controllerin fragte sie der Personalchef, ob sie ein – Achtung, damals Modewort – Qualitätsmanagement aufbauen wolle. „Was ist das bloß?“, dachte sie, während sie begeistert zusagte.
Über die Jahre schupfte sie Kundendienst, Beschwerdemanagement, Fahrzeugpflege, die Leitung der nostalgischen Erlebnisbahn und gleichzeitig acht Jahre den Flughafenexpress City Air Terminal, besser bekannt als CAT.
„Da waren viele Töpfe zu bedienen“, erinnert sie sich. Ihr Prinzip damals wie heute: klare Strukturen, Disziplin und Ordnung, partnerschaftliche Führung, delegieren. „Ich hatte für jede Firma eine Lade im Schreibtisch, um alle auseinanderzuhalten.“Das hat sie jetzt wieder.
Bruchkante
Mitte 40 stand sie an. Etwas Neues, etwas anderes wollte sie. Etwas ganz anderes. Sie verließ die ÖBB – „Es ist mir total gut gegangen damit. Aber vielleicht ist das historisch verklärt“– und begründete ein Start-up mit, das heute unter dem Namen Ponix Systems vertikale Indoor-Kräutergärten vertreibt. Doch in der „volatilen, männlichen Start-up-Welt“fand sie sich nicht wieder. Mann (sie war die einzige Frau dort) traf sich, trank zwei Stunden Kaffee und arbeitete bis Mitternacht.
Es war nicht das Richtige. So landete sie 2016 beim Hafen Wien und damit in den verzweigten Strukturen der Wien Holding.
Europa und/oder Asien
2019 gehörte einer radikalen Umstrukturierung. Der Hafen Wien gab seine Gesellschaften in der Personenschifffahrt ab und stellte die Güterlogistik samt zugehörigen Immobilien auf neue Beine. Es scheint sich rentiert zu haben: Der Umsatz kletterte um sieben Prozent auf 36,5 Millionen Euro, das Betriebsergebnis um zwölf Prozent auf 3,6 Millionen Euro.
So lässt es sich den Nachwehen der Coronakrise gelassen entgegenblicken. Das Containerterminal wird gerade ausgebaut, dann können wöchentlich 130 statt 100 Züge abgewickelt werden. Die Verträge mit den großen Reedereien stehen schon.
Als coronabedingt die Ware aus Asien zurückging, die über Hamburg oder Rotterdam ankommt, zog die kontinentale Fracht aus Polen oder der Türkei an. Eines glich das andere aus – und Asien läuft ohnehin schon wieder an. Und man kann ja auch mit Containerhandel und -reparatur Geschäft machen. Ihr wird schon etwas einfallen.